Nachzahlung

Wirtschaftsbund Vorarlberg muss über 770.000 Euro an Steuern nachzahlen

Die Nachzahlung bezieht sich auf Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer. Man werde die Bescheide prüfen und halte sich eine allfällige Beschwerde offen, so Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser.

Der Wirtschaftsbund Vorarlberg muss für die Jahre 2016 bis 2021 knapp über 770.000 Euro an Steuern nachzahlen. Das hat der geschäftsführende Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser am Donnerstag in einer Aussendung bekannt gegeben. Die Nachzahlung bezieht sich auf Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer, bezüglich der Zuwendungsabgabe sei noch kein Steuerbescheid eingegangen. Man werde die Bescheide prüfen und halte sich eine allfällige Beschwerde offen, so Rüdisser.

Die mehr als acht Monate währende Steuerprüfung befasste sich insbesondere mit der Abführung von Steuern für Inserate, die für die Wirtschaftsbund-Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" verkauft wurden. Weil die Inseratenerlöse ab 2018 gewissermaßen explodierten, wurde dieses Geschäft von der Finanzbehörde als nicht mehr hoheitlich angesehen. Da die Abgabenbehörde den Wirtschaftsbund im Gegensatz zu anderen Behörden als parteinahen Verein beurteile, sei für die Jahre von 2017 bis 2021 mit einer Zuwendungsabgabe in Höhe von rund 105.000 Euro zu rechnen, sagte Rüdisser.

„Neue Zeitrechnung ab 2022"

Die Abgabenüberprüfung erstreckte sich zunächst auf den Zeitraum zwischen 2016 und 2020, wurde im Zuge der Erhebungen aber auch auf die Jahre von 2012 bis 2015 ausgeweitet. Auf Vorschlag des Wirtschaftsbunds - so Rüdisser - sei dann auch das Jahr 2021 in die Prüfung einbezogen worden. Der Wirtschaftsbund Vorarlberg sei somit steuerrechtlich bis 31. Dezember 2021 geprüft. Damit könne für den Wirtschaftsbund Vorarlberg aus steuerrechtlicher Sicht "ab 2022 eine neue Zeitrechnung beginnen", hieß es.

Während die Finanzbehörde die Steuerzahlungen bis einschließlich 2015 akzeptierte, ging sie ab 2016 von einer Umsatzsteuer- und Körperschaftssteuerpflicht aus - insbesondere deshalb, weil das Inseratenvolumen der "Vorarlberger Wirtschaft" ab 2018 mehr als die Hälfte der Seitenanzahl des Magazins ausmachte. Zwischen 2016 und 2021 nahm der Wirtschaftsbund nach eigenen Angaben bei einem Aufwand von 1,7 Mio. Euro rund 4,3 Mio. Euro durch das Inseratengeschäft ein. Die Umsatzsteuernachzahlung für die Jahre von 2016 bis 2020 beträgt 381.442,14 Euro, für 2021 sei die Umsatzsteuer schon abgeführt worden, so Rüdisser. Er merkte darüber hinaus an, dass die Nichtverrechnung dieser Steuer beim Fiskus im Ergebnis keine Mindereinnahmen bewirkt habe.

Die Körperschaftssteuer sei durch eine Gewinnabschätzung ermittelt worden. Diese wurde für den Zeitraum von 2016 bis 2021 mit 387.768 Euro festgesetzt (bis 2020: 304.457 Euro). Ohne das Jahr 2021 - bezogen auf den ursprünglichen Prüfungszeitraum bis 2020 - liege die Steuerschuld bei 687.113,36 Euro, hielt der Wirtschaftsbund fest. Die Frist, um gegen die am Mittwoch beim Wirtschaftsbund eingelangten Steuerbescheide Rechtsmittel zu erheben, beträgt einen Monat. Laut Rüdisser standen dem Wirtschaftsbund Vorarlberg Ende 2021 etwa 6,8 Mio. Euro (4,9 Mio. in Form von Wertpapieren, 1,9 Mio. Euro Guthaben) zur Verfügung.

ÖVP-Zugehörigkeit strittig

Ob für die Zuwendungen des Wirtschaftsbunds an die ÖVP-Landespartei Steuern zu bezahlen sind oder nicht, hängt wesentlich damit zusammen, ob der Wirtschaftsbund als Teilorganisation der ÖVP oder als eigenständiger Verein zu sehen ist. Diesbezüglich sind sich auch die Behörden nicht einig. Das Finanzamt bewertet den Wirtschaftsbund als Verein, der Rechnungshof als Parteiorganisation. Als Verein würde eine Zuwendungsabgabe fällig - in diesem Fall wären es, wie von Rüdisser kolportiert, wohl 105.000 Euro. Diese Abgabe sei aus Sicht des Wirtschaftsbunds aber "als strittig zu beurteilen", so die Organisation.

Weiteres Ungemach könnte auf den Wirtschaftsbund zukommen, weil der Rechnungshof 1,3 Mio. Euro Inserateneinnahmen zumindest teilweise als unzulässige Parteispenden gewertet hat. Ob dies tatsächlich der Fall ist, prüft aktuell der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) im Kanzleramt. Sollte der Senat dem Rechnungshof recht geben, müsste sich der Wirtschaftsbund auf weitere Geldbußen einstellen. Neben dem Wirtschaftsbund befasst sich der UPTS aktuell auch mit dem ÖVP-Seniorenbund. Hier geht es um die Frage, ob der Seniorenbund als Teilorganisation der ÖVP gewertet wird und daher keine Corona-Förderungen hätte erhalten dürfen.

Staatsanwaltschaft Feldkirch ermittelt

Neben der Finanzbehörde interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft Feldkirch für die Vorgänge im Wirtschaftsbund Vorarlberg. Ermittelt wird wegen Abgabenhinterziehung gegen mehrere Personen sowie den Wirtschaftsbund als Verein. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, so Sprecher Heinz Rusch am Nachmittag. Ebenfalls am Laufen sind Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) etwa gegen Landeshauptmann Markus Wallner, Rüdisser und den aktuellen Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (alle ÖVP). "Der Verfahrensstand ist unverändert", hieß es dazu am Donnerstag aus der WKStA.

Die Vorarlberger FPÖ forderte umgehend den Rücktritt von Wallner. "Spätestens jetzt muss Landeshauptmann Wallner die Verantwortung, die er als ÖVP-Chef selbstverständlich trägt, übernehmen", sagte FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi. Auch die Vorarlberger SPÖ sah nun klar bestätigt, dass "die Zeitung des ÖVP-Wirtschaftsbundes ausschließlich als Gelddruckmaschine gedient" habe. Wallner müsse endlich Verantwortung übernehmen. Das forderte auch Neos-Klubobfrau Sabine Scheffknecht, die zudem betonte: "Der Wirtschaftsbund ist die ÖVP". Die Causa sei noch lange nicht vom Tisch.

Der SPÖ-Fraktionsführer im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss, Jan Krainer, sah die politische Verantwortung ebenfalls bei Wallner. Er und "seine ÖVP" hätten jahrelang vom Geld ihrer Teilorganisation profitiert. Die ÖVP habe darüber hinaus auch in anderen Bundesländern "ähnliche Parteienfinanzierungsvehikel" in Betrieb. Die "Grüne Wirtschaft" wies darauf hin, dass das Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich im Juni ein Verbot von Inseraten in Medien von Parteien und parteinahen Organisationen beschlossen hat. "Wir werden nun noch genauer darauf achten, dass die beschlossenen Regeln auch eingehalten werden", wurde betont.

(APA)

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