Debatte

Wirtschaftsflüchtlinge für Jobmarkt nutzen?

Stellengesuch, angeschrieben am Fenster eines Restaurants in Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin *** Job applica
Stellengesuch, angeschrieben am Fenster eines Restaurants in Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin *** Job applicaIMAGO/Fotoagentur Nordlicht
  • Drucken

Inwiefern kann man die Rückführung chancenloser Asylwerber in ihre Herkunftsländer gegen legale Arbeitsmigration „abtauschen“? Und was kann der deutsche „Spurwechsel“?

Das Problem ist rasch geschildert. Auf der einen Seite gibt es Asylsuchende, die eigentlich nicht Asyl, sondern Arbeit suchen – auf der anderen Seite einen Arbeitskräftemangel. Wie einfach wäre es, könnte man beides gegenverrechnen.

Leider ist es bekanntlich nicht so einfach. Im Gegenteil. Denn diejenigen, die kommen und oft nicht abgeschoben werden können, bringen häufig nicht einmal die Basisqualifikationen mit, wie der Bericht des Österreichischen Integrationsfonds zuletzt eindrucksvoll gezeigt hat. Umgekehrt aber müssen mitunter jene gehen, die auf dem Arbeitsmarkt einen Platz finden würden.

Könnte man das lösen? Gleich vorweg: „Die große Lösung sehe auch ich leider nicht“, sagt der Demograf und Migrationsforscher Rainer Münz. Er sortiert für die „Presse“ jedoch einige der aktuellen Ideen dazu ein.

Ein Vorschlag etwa kommt von dem Migrationsforscher Gerald Knaus. Er empfahl jüngst im ORF-Radio sinngemäß, dass einzelne oder Gruppen von EU-Mitgliedsländern mit sicheren Herkunftsländern Verträge verhandeln sollten, in denen sich Letztere dazu verpflichten, jeden irregulär Einreisenden zurückzunehmen. Im Gegenzug dürfe ein bestimmtes Kontingent legal hier arbeiten.

Das Modell, sagt Münz, wäre „tatsächlich ein Hebel“, und im Prinzip gebe es das ja bereits. Beispielsweise mit Ländern des Westbalkans, der Ukraine und Georgien. Es funktioniere, weil man als „Gegenleistung“ für die Rückübernahme die visumfreie Einreise in die EU bietet. Die wird „überwiegend nicht für Tourismus genützt, sondern eröffnet diverse Verdienstmöglichkeiten. Die Herkunftsländer wissen, dass dieses Arrangement wackelt, wenn sie ihre Bürger nicht zurücknehmen.“ Eine ähnliche Vereinbarung über visumfreie Einreise mit Ländern wie Indien oder Nigeria zu schließen, hält er aber nicht für realistisch.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mehr als eine viertel Million Menschen sind im heurigen Jahr illegal in die EU eingereist.
Einwanderung

Chaotischer Kampf gegen Migration

Die Zahl illegaler Grenzübertritte in die EU steigt vielerorts an, weshalb manche Länder Maßnahmen an den Grenzen des Rechts setzen.
Das Bundesheer kontrolliert wieder die Grenzen zwischen Österreich und Ungarn (Bild vom August dieses Jahres).
Illegale Grenzübertritte

Schlepper-Verhaftungen: Justiz und Gefängnisse am Limit

Zwischen Österreich, Ungarn und der Slowakei werden so viele Schlepper gefasst, dass die Behörden kaum nachkommen.
EU-Kommissarin Dubravka Šuica
Offenes Europa

„Ohne legale Migration geht es nicht“

Dubravka Šuica, Vizepräsidentin der EU-Kommission und für Demografie zuständig, mahnt zu mehr Offenheit.
Die Flüchtlingsquartiere des Bundes sind voll, darum wurden nun zur Unterbringung Zelte errichtet (im Bild  St. Georgen im Attergau).
Asyl

Flüchtlinge: Wie die Länder den Bund im Regen stehen lassen

Die Länder setzen die Vorgaben des Bundes nicht um: von Wohnen über Gelder bis Arbeitsmarkt.
EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP
Leitartikel

Die türkisen Halbwahrheiten

Die ÖVP will echte Probleme beim Thema Asyl ansprechen, aber keine echten Lösungen liefern. Und vergisst dabei offenbar, dass sie in der Regierung und nicht auf der (blauen) Oppositionsbank sitzt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.