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"Gibt es das auch in Blau?": Strache steht erneut vor Gericht

Klinikbetreiber Walter Grubmüller und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
Klinikbetreiber Walter Grubmüller und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Hat sich der Ex-FPÖ-Chef der Bestechlichkeit schuldig gemacht? Ja, urteilte eine Richterin. Widersprüchlich, meinte das Oberlandesgericht. Die Folge: Der Prozess wird wiederholt, die „Presse“ berichtete live.

Hat sich der frühere Vizekanzler und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache der Bestechlichkeit schuldig gemacht? Hat Walter Grubmüller, Eigentümer der Privatklinik Währing, eine Bestechung begangen? Ja, urteilte Richterin Claudia Moravec-Loidolt im August 2021 und belegte Strache mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten, Grubmüller mit zwölf Monaten bedingt. Beide Angeklagten kündigten daraufhin „volle Berufung“ an. Und hatten Erfolg: Das Oberlandesgericht hob die Verurteilung auf und ordnete aufgrund von „Widersprüchlichkeiten“ die Wiederholung des Verfahrens an. Diese Neuauflage nahm heute, Montag, am Landesgericht für Strafsachen in Wien ihren Anfang – inklusive deftiger Chatnachrichten und aufrechter Unschuldsvermutung.

Der Reihe nach: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, konkret Oberstaatsanwalt Bernhard Weratschnig, wirft Strache vor, sich über die Maßen für die Aufnahme der Privatklinik Währing in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, kurz Prikraf, stark gemacht zu haben, um Leistungen direkt mit den Sozialversicherungen verrechnen zu können – zuerst als Oppositionspolitiker, dann als Vizekanzler. So habe es im Frühjahr und Sommer 2017 erst eine Pressekonferenz, dann einen blauen Initiativantrag zum Thema gegeben. Der Fonds solle „für alle Privatkliniken“ geöffnet werden, wurde propagiert. Nachdem die FPÖ im Dezember 2017 in die Bundesregierung gekommen war, folgte Ende 2018 eine Gesetzesänderung zugunsten der Privatklinik – einschließlich einer Erhöhung des Fonds. Grubmüller habe sich dafür revanchiert, der FPÖ 2016 und 2017 erst 2000, dann 10.000 Euro gespendet und das Ehepaar Strache 2018 nach Korfu eingeladen.

„Da haben mir einige Stimmen der FPÖ nicht gefallen“ 

„Nicht schuldig“, kontern die beiden Angeklagten damals wie heute. Zum Ersten sei Strache 2018 gar nicht auf Korfu gewesen, sondern 2016. Zum Zweiten seien die 12.000 Euro Spenden „aus Überzeugung“ gewesen. Aber, hakte Richterin Helene Gnida nun am Montag nach, Grubmüller sei doch lange Zeit SPÖ-Mitglied gewesen. Wie passe das zusammen? „Es ist ja ungewöhnlich, dass sich so ein SPÖ-Urgestein an die FPÖ spendet.“ Grubmüller erklärte darauf, dass sich nur die FPÖ für die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer eingesetzt habe, mit der er einige Schlachten geschlagen habe.

Denn: Julian Hadschieff, Chef der Premiqamed, einem der größten Privatspitalsbetreiber, sei zugleich Fachgruppenobmann in der Kammer gewesen und habe damit darüber entschieden, wer in den Prikraf aufgenommen wurde. Der Privatklinik Währing habe er das verwehrt, weil er die Gelder für seine eigenen Häuser haben wollte. Diese „Korruption der Wirtschaftskammer, der ÖVP“ wollte er aufdecken – und da habe er sich eben an die Freiheitlichen gewandt, obwohl er nicht alles gutheiße, was die Blauen täten. So habe er 2015 etwa an das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen gespendet, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen: „Da haben mir einige Stimmen der FPÖ nicht gefallen.“

„Optimum wäre, dass es gar keinen Prikraf gibt“

So seien auch seine Chatnachrichten zu deuten, die er an Strache gerichtet habe und die Gnida auszugsweise vortrug. Darunter zu finden: „Die Worte von Kern (Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern, Anm.) lockern bei mir den Stuhlgang.“ Oder als Antwort auf ein von Strache an Grubmüller geschicktes Hundefoto: „Gibt es das auch in Blau? Meine neue Lieblingsfarbe.“ 

Strache bestätigte kurz darauf: Grubmüller sei stets „sehr emotional“ gewesen, daher habe er ihn immer mal wieder ermahnt, „still“ zu sein, um andere nicht vor den Kopf zu stoßen. Irgendwann, so Strache weiter, habe Grubmüller ihm von seinem Ärger über den Prikraf erzählt, von Gutachten, die er hätte. Er habe daraufhin den Rechtsanwalt Johannes Hübner (damals FPÖ-Nationalratsabgeordneter, nun Mitglied des Bundesrats) prüfen lassen, ob da wirklich „ein Missstand“ vorliege. Ein solcher sei gefunden worden, daher habe es dann Antrag und Pressekonferenz gegeben. Das bestätigten kurz darauf auf Hübner und Dagmar Belakowitsch, die damals für die Gesundheitsthemen in der Partei zuständig war.

„Das Optimum wäre überhaupt, dass es gar keinen Prikraf gibt“ und dass die Privatkliniken ganz normal und direkt mit den Sozialversicherungen abrechnen könnten, hielt Hübner fest. Belakowitsch ergänzte, dass es sich damals um „eine der ungewöhnlichsten Pressekonferenzen“ gehandelt habe, „die je stattgefunden haben, da nicht alle Anwesenden gesprochen haben". So sei sie selbst dabei gewesen, habe aber „glücklicherweise“ nichts zu sagen gehabt. Denn: „Da ging es damals ja nicht um Gesundheit per se, sondern um Krankenanstalten. Mir kam es sehr kompliziert vor.“

Weniger kompliziert der weitere Fahrplan: Am Donnerstag, 24. November, wird weiterverhandelt. Und: Es dürfte bereits ein (neues) Urteil fallen.

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