Buch der Woche

Die Frau mit der Flosse

Ein mythisches Wesen trifft auf die Welt des 20. Jahrhunderts:  Monique Roffeys modernes Kunstmärchen „Die Meerjungfrau von Black Conch“ ist ein Roman über Herkunft, Hautfarbe und körperliche Gebrechen, Korruption und Rassismus.

Inzwischen ist David Baptiste ein alter Mann geworden. Seine Dreads sind ergraut, die Glieder schmerzen. Er fährt nicht mehr raus mit seinem Boot, sondern blickt wehmütig zurück und erzählt uns diese Geschichte. Die Geschichte einer Meerjungfrau, die Aycayia hieß und mit den Schildkröten in den Gewässern der Karibik auftauchte.

Es trug sich im Jahre 1976 zu, David war noch ein junger Mann, der in seinem Boot sitzt und Gitarre spielt, als ein Wesen, halb Frau, halb Fisch, angelockt durch seine Klänge aus der Tiefe auftaucht. „Ich glaub anfangs, sie muss aus einer Lücke in Gottes großer Ordnung sein und aus der Zeit, als der Fisch an Land ging und ihm Beine wuchsen.“ Eine Meerjungfrau aus ganz fernen Zeiten, die ihn sofort in ihren Bann zieht. David fährt von da an immer wieder hinaus und möchte Vertrauen zu der Unbekannten aufbauen. Ein durchaus märchenhafter Anfang für eine Liebesbeziehung, möchte man meinen, und wäre da nicht dieser Angelwettbewerb gewesen, in dem Aycayia als sensationeller Fang aus dem Meer gefischt worden war, womöglich hätte David ihr seine Seele geschenkt und sie so für immer unsterblich gemacht. Aber zunächst muss er sie vor den gierigen amerikanischen Anglern retten, die sie für viel Geld verkaufen wollen. Kurzerhand stiehlt er Aycayia vom Haken an der Mole und versteckt sie in seinem Haus, zunächst in der Badewanne. Es beginnt eine wundersame Verwandlung dieser in einem Fischkörper gefangenen Frau, die vor Hunderten von Jahren als Mädchen wegen ihrer Schönheit von eifersüchtigen Frauen verflucht und ins Reich der Meerjungfrauen verbannt worden war.

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