Bundesdisziplinarbehörde

Bundesheer: Sexualisierte Gewalt soll besser verhindert werden

Immer wieder werden sexuelle Übergriffe im Bundesheer bekannt, die nicht oder nur vorübergehend zu Entlassungen führen.
Immer wieder werden sexuelle Übergriffe im Bundesheer bekannt, die nicht oder nur vorübergehend zu Entlassungen führen.IMAGO/SEPA.Media
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Bereits im Oktober kündigte die Verteidigungsministerin an, bei schwerem Fehlverhalten von Heeresangehörigen künftig disziplinäre Höchststrafen verlangen zu wollen. Nun sollen weitere Maßnahmen folgen.

Ein hochrangiger Offizier aus Niederösterreich soll seine Mitarbeiterin sexuell missbraucht haben, wie Ende letzter Woche bekannt wurde. Der Mann wurde mittlerweile vorerst suspendiert, die Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt. Der Militär streitet die Vorwürfe ab. Er habe sich „nichts zuschulden kommen lassen“ und sei überzeugt, die Anschuldigungen würden sich „in Schall und Rauch auflösen“.

Es ist nicht der erste Fall dieser Art, der das Bundesheer aufrüttelt. Ein Tiroler Unteroffizier soll eine Soldatin mehrmals sexuell belästigt haben, sie an den Haaren gezogen und ihr mit übergriffigen Aussagen zu nahegetreten sein. Sie verließ schließlich das Heer, er blieb. Letzten Sommer wurde der Fall eines Unteroffiziers bekannt, der in Oberösterreich Untergebene zu sich nachhause eingeladen und gegen ihren Willen mit ihnen intim geworden sein soll. Auch während der Nachtruhe soll sich der Mann an ihnen vergangen haben. Er wurde „vorläufig" des Dienstes enthoben.

Über 100 Kommandanten einberufen

Immer wieder führen Fälle wie diese nicht oder nur vorübergehend zu Entlassungen. Zuständig für die Überprüfung ist die Bundesdisziplinarbehörde, konkret ein Disziplinaranwalt. Auch die Causa jenes Offiziers, der in einer selbstgebastelten SS-Uniform posiert hatte und dennoch seinen Job behalten durfte, wurde von ihm überprüft. Der Name des Disziplinaranwalts ist Staatsgeheimnis und daher der Öffentlichkeit nicht bekannt. Weisungspflichtig ist er der Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Und die will die Entscheidungen des Juristen nun scheinbar überprüfen lassen.

Am Montag berief Tanner zudem alle Kommandanten ab Bataillonsebene ein. Mit den über hundert Heeresangehörigen wurden Maßnahmen besprochen, wie sexuelle Übergriffe im Heer künftig verhindert werden können. An welche Möglichkeiten die Verteidigungsministerin hier denkt, ist nicht publik. Aber: Das Thema sexualisierte Gewalt soll „mehr Aufmerksamkeit durch die Kommandanten erfahren“, heißt es in einer Aussendung.

Grüne fordern Einrichtung von anonymer Anlaufstelle

Bereits im Oktober kündigte Tanner an, bei schwerem Fehlverhalten von Heeresangehörigen künftig disziplinäre Höchststrafen verlangen zu wollen. Die Grünen begrüßen die Vorstöße der Verteidigungsministerin, üben aber auch Kritik. Sie fordern die Einrichtung einer unabhängigen, anonymen Anlaufstelle für sexuelle Belästigung beim Bundesheer. Es gebe zwar die parlamentarische Bundesheerkommission, jedoch würde dort „nur Männer drinnen sitzen“, sagt der Verteidigungssprecher der Grünen, David Stögmüller, zum „Kurier".

Der Frauenanteil beim österreichischen Bundesheer beträgt lediglich fünf Prozent. 1998 traten die ersten Soldatinnen ihren Dienst an. Bereits damals hieß es im Verhaltenskodex: „Ihre Intimsphäre ist uns heilig. Sexuelle Belästigungen werden unverzüglich disziplinär bzw. strafrechtlichen geahndet.“ Zudem wurde weiblichen Heeresangehörigen geraten, „Männern in der Dienstzeit die notwendige Distanz zu halten“ und sich „auf keine Abenteuer einzulassen“.

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