Morgenglosse

Brüssels teurer Kniefall vor der Uefa

Die EU-Kommission finanziert um 800.000 Euro einen Werbespot, der Fußballfans zum Stromsparen animieren soll. Ein fragwürdiger Einsatz von Steuergeld - zumal das Filmchen eher der Uefa dazu dient, sich ein umweltfreundliches Mäntelchen umzuhängen.

„Werde ein Fan des Energiesparens“: Mit diesem Appell richtet sich die Europäische Kommission im Rahmen ihrer jüngst bis zum Jahr 2025 erneuerten Zusammenarbeit mit dem europäischen Fußballverband Uefa an Fußballfreunde in rund 54 Staaten. Für das 33 Sekunden lange Filmchen, in dem die Mitglieder einer zu Hause auf dem Sofa einem Fußballspiel zusehenden Familie dazu animiert werden, die offene Kühlschranktür zu schließen, das Licht im Vorzimmer auszuknipsen und den Thermostat hinunterzupegeln, hat die Kommission 800.000 Euro aus ihrem Kommunikationsbudget bezahlt, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der „Presse“ mit.

Damit ist dieser Werbefilm wesentlich teurer als jener, den die Kommission erst vor einem Jahr und für ihre Kooperation mit der Uefa hat produzieren lassen. 700.000 Euro kostete der Clip unter dem Motto „Every Trick Counts“, der allerlei Fußballer, darunter die ehemaligen Weltstars Luís Figo und Gianluigi Buffon, beim Ballestern zeigte und die Botschaft zu verbreiten versuchte, dass zum Schutz des Klimas jeder Trick vonnöten sei. Die Uefa gebe der Kommission dafür Werbeplätze, um diesen Film für die nächsten drei Jahre rund um offizielle Spiele zu zeigen. Das entspreche 23 Millionen Euro Werbewert, erklärte die Sprecherin.

Werbewert für wen genau? Genau betrachtet wohl eher für die Uefa. Sie kann mit der Ausstrahlung dieses Werbespots anlässlich von Bewerbsspielen unter ihrer Ägide jenes Umweltbewusstsein vorheucheln, das angesichts ihrer Geschäftsführung eher dubios erscheint. Schließlich hatte dieser Verband voriges Jahr erst die anhänger- und klimafeindliche Idee, die Europameisterschaft in Stadien quer über den Kontinent verteilt zu veranstalten - einschließlich der berühmten europäischen Fußballmetropole Baku (das hatte sicher gar nichts damit zu tun, dass der staatliche aserische Gas- und Ölkonzern Socar seit 2013 offizieller Uefa-Sponsor ist...).

Vielmehr noch: die Kommission, laut hartnäckiger Behauptung ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen eine „geopolitische“, konnte nicht einmal vertraglich fixieren, dass die EU-Flagge und der Slogan #EUGreenDeal in allen 54 Ländern zu sehen sein wird, wenn der Werbespot ausgestahlt wird. Das liegt daran, dass „manche Länder beschlossen haben, dass Elemente, die als politisch erachtet werden, nicht gezeigt werden“, erklärte die Kommissionssprecherin.

Wie erklärte Margaritis Schinas, Vizepräsident der Kommission und treibende Kraft hinter dieser Verbandelung mit der Uefa, am Sonntag aus seiner VIP-Lounge in Doha anlässlich der Eröffnung der WM? „Europas Sportmodell, eine Inspiration für alle."

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