Finanzen

Die Gefahr teurer Immo-Kredite

Die Nationalbank hält einen großen Teil der Kredite in Österreich für „unterbesichert“ (Symbolbild).
Die Nationalbank hält einen großen Teil der Kredite in Österreich für „unterbesichert“ (Symbolbild).(c) Getty Images (Sean Gallup)
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Immer mehr Österreicher ringen damit, ihren Immobilienkredit zurückzubezahlen. Die Last steigender Zinsen und höherer Inflation nimmt zu. Droht hier Gefahr?

Wer kann sie sich noch leisten? Eine Immobilie. Entpuppt sich die einst vernünftigste Vorsorge nun als größter Risikobringer? In den vergangenen 18 Jahren sind die Preise rasant gestiegen. Laut Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) sind Immobilien landesweit um 39 Prozent überbewertet. Gekauft wurden diese Wohnungen und Häuser meist auf Kredit – und dort steigen nun die Zinsen. Das und die hohe Inflation sorgen bei vielen Immobilienkäufern für steigenden Druck aufs Portemonnaie.

(c) Die Presse

Die Mischung scheint gefährlich. Die OeNB schreibt in ihrem jüngsten Bericht: „Die Risken für die Finanzmarktstabilität haben im Laufe des Jahres 2022 deutlich zugenommen.“ Wie viel Spielraum bleibt den Menschen noch? Haben die Banken Kredite zu leichtfertig vergeben? Oder sind die Kreditvergaberichtlinien doch viel zu streng und werden bald wieder angepasst? „Die Presse“ gibt Antworten:

1 Können private Haushalte ihre Wohnbaukredite noch stemmen?

Im September haben die Banken 4,7 Prozent mehr Kredite an Haushalte vergeben als im September 2021. Damit hat sich das Wachstum zwar abgeschwächt, liegt aber dennoch auf einem höheren Niveau als in allen Jahren zwischen 2008 und 2020. 70 Prozent aller Kredite entfallen auf Wohnbaukredite. Die Schulden zeigen sich im Verhältnis zu den Haushaltseinkommen bisher konstant. Allerdings wird der finanzielle Spielraum immer kleiner. Etwa die Hälfte aller neu vergebenen Bankkredite in den vergangenen fünf Jahren ist variabel verzinst. Angesichts der nun steigenden Zinsraten eine hohe Zahl. Die Österreicher sind damit waghalsiger als der Durchschnitt im Euroraum, wo dieser Wert bei 20 Prozent liegt. Auf diese Haushalte warten nun monatlich wachsende Rückzahlungsraten – zusätzlich zu den rasanten Preisanstiegen für Lebensmittel und Konsumgüter. Die OeNB erwartet daher, dass die Zahl der Haushalte, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können, steigt.

In den vergangenen Monaten hat sich das Wachstum der Hypothekarkredite verlangsamt. Die Aufseher erklären das mit den Zinsanstiegen und den exorbitanten Preisen. Banken hingegen begründen dies mit den strengeren Kreditvergaberegeln.

2 Werden die Kreditvergaberichtlinien wieder aufgeweicht?

Die strengeren Vergaberichtlinien für Wohnbaukredite sind derzeit das heiße Thema in der Banken- und Immobilienbranche. Niederösterreich plant sogar, seinen Bürgern mit Landesgarantien zur Seite zu springen. Auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat dazu aufgerufen, eine Lockerung zu prüfen. Die OeNB-Experten verteidigen die Maßnahmen jedoch. Diese seien „nicht besonders scharf“. Sie sehen vor, dass der Kredit maximal 90 Prozent des Immobilienwertes betragen, die Kreditrate höchstens 40 Prozent des monatlichen Einkommens ausmachen und die Laufzeit 35 Jahre nicht übersteigen darf. Viele Menschen können sich so keinen Immobilienkauf mehr leisten. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Immobilienpreise verdoppelt, die Einkommen sind aber nur um ein Drittel gestiegen. Die Nationalbank will dieses Problem „aber nicht mit Überschuldung lösen“. Allerdings dürfen die Banken für 20 Prozent der Kredite Ausnahmen machen. Dieser Wert könnte nun erhöht werden. Zuvor soll es jedoch eine Evaluierung von Daten geben, die nicht vor dem Frühjahr fertig ist.

3 Haben die Banken zu leichtfertig Wohnbaukredite vergeben?

Die strengen Kreditregeln gibt es laut OeNB bereits seit mehr als vier Jahren. Die Banken erklärten bisher, sich freiwillig daran zu halten. Doch nach Ansicht der Aufsicht ist das nicht ausreichend geschehen. Laut einem am Dienstag vorgestellten Bericht ist ein großer Teil der Kredite „unterbesichert“. Daher wurden die Regeln ab August verpflichtend. „Es zeigt, dass wir im Immobilienbereich ein Leistbarkeitsproblem haben“, so OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber. Bisher verursachte das keine Probleme. Die faulen Kredite gehen seit 2016 zurück, und mit 3,4 Prozent ist ihr Anteil niedrig. Allerdings liefern sie immer einen Blick zurück und sind damit kein guter Indikator für die Erkennung systemischer Risken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2022)

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