Rückzug

Kreativdirektor Alessandro Michele verlässt Gucci

Seit 2015 ist Alessandro Michele Kreativdirektor bei Gucci.
Seit 2015 ist Alessandro Michele Kreativdirektor bei Gucci.(c) ALESSANDRO GAROFALO
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Dass Alessandro Michele die Marke Gucci verlässt, wurde zuletzt laut gemutmaßt. Nun haben Designer und Modehaus die Meldung bestätigt.

Diverse Branchenblätter titelten Dienstagabend und Mittwochfrüh, Gucci-Kreativdirektor Alessandro Michele würde die Marke (wahrscheinlich) verlassen. Bislang bezog man sich auf „Szenenkenner“ und „gut unterrichtete Kreise“. Nun hat das Luxusmaison die Meldung bestätigt.

Michele wurde im Januar 2015 zum Chefdesigner von Gucci ernannt, nachdem er schon seit 2002 im Gucci-Designstudio tätig gewesen war. Zuvor war er in Rom bei Fendi für die Accessoires der Marke zuständig gewesen; Michele lebt übrigens weiterhin in Rom. Zwei Tage zuvor verbeugte er sich erstmals am Ende der Gucci-Herbstshow. Seine innerhalb kürzester Zeit zusammengestellte erste Kollektion galt als bahnbrechend: Mit ihr läutete der Designer eine Ära mit schrulliger und androgyner Ästhetik bei Gucci ein und brachte so die diametral gegenübergesetzte Ästhetik seiner Vorgängerin Frida Giannini zu Fall.

Gucci Frühjahr/Sommer-Kollektion 2023
Gucci Frühjahr/Sommer-Kollektion 2023(c) Cosimo Sereni

Sein romantischer Geist und Unisexgedanke hat in den Folgejahren eine Reihe anderer Modeschöpferinnen und -schöpfer beeinflusst und der Marke Gucci zu einem frischeren, vielfältigeren Publikum verholfen. Das Geschäft florierte dementsprechend: Die Marke, Aushängeschild des von der Pinault-Dynastie geleiteten Luxuskonzerns Kering, konnte dank der guten Zusammenarbeit von Michele und Gucci-CEO Marco Bizzarri einen rasanten Wachstumskurs hinlegen.

Zurück zu den Wurzeln?

Doch Kering, der Mutterkonzern der Marke, scheint nicht mehr zufrieden zu sein. Mittlerweile würde Gucci schlechter abschneiden als andere Marken des Konzerns. Michele bat man Gerüchten zufolge deshalb um einen Designwandel, welchem er nicht nachgekommen sei, so berichtet das Branchenblatt „WWD“ mit Bezug auf eine anonyme Quelle. Ein anderer anonymer Kenner glaubt zu wissen, dass François-Henri Pinault, Vorsitzender und Chief Executive Officer von Kering, einen Tempowechsel für das Luxushaus anstrebt. Unter den Kering-Marken gilt mittlerweile Balenciaga als maßgeblicher für Trendsetter, was von entsprechendem kommerziellen Erfolg begleitet ist (zuletzt machte die Marke durch fragwürdige Kampagnenbilder und einen dementsprechenden Shitstorm auf sich aufmerksam).

Es ist nicht die erste Kering-Marke, die überraschend von Pinault umgekrempelt wird. Erst letztes Jahre trennte man sich abrupt von dem Chefdesigner bei Bottega Veneta, Daniel Lee - und das, obwohl dieser bei der Marke starke Leistungen erbracht hatte und in Kritiken bis zuletzt gelobt wurde. Lee, mittlerweile Kreativdirektor bei Burberry, wurde bei Bottega von Matthieu Blazy abgelöst, die Marke war schnell zu ihren handwerklichen Wurzeln zurückgekehrt. Pinault, so glaubt man, könnte das Gleiche bei Gucci anstreben.

Auch Raf Simons hört auf

Sollten sich die Gerüchte bestätigen, so wäre der Abgang Micheles von seiner geliebten Gucci-Bühne dennoch nicht die einzige Nachricht, die die Branche in den letzten Tagen aufhorchen ließ. Der Belgier Raf Simons gab auf seinem Instagram-Account bekannt, nach 27 Jahren die seinen Namen tragende Marke stilllegen zu wollen.

Simons wurde 2020 als Ko-Designer neben Miuccia Prada für die Mailänder Luxusmarke engagiert, wo er eine Ästhetik einbringt, die jener seiner eigenen Marke phasenweise sehr nahesteht. Zuvor hatte Simons etwa bei Calvin Klein in New York und im Maison Dior als Kreativdirektor gewirkt. Anfang der Nullerjahre unterrichtete Simons in der Modeklasse der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Von dort verabschiedete er sich, als er die kreative Leitung der Marke Jil Sander in Mailand übernahm. Simons bleibt der Modebranche also erhalten, für viele stellt die Aufgabe seiner eigenen Marke dennoch einen bedauernswerten Verlust im Umfeld der Avantgardemode dar.

Diese Meldung wurde am 23.11.2022, 12.00 Uhr erstellt, am 24.11., 9.00 Uhr aktualisiert (Bestätigung durch das Unternehmen Gucci).

(evdin/dk)

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