Leere Theater

"Das Theater spielt völlig am Publikum vorbei"

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan erklärt, warum den Bühnen die Zuschauer davonrennen: Das Handwerk gehe verloren, stattdessen herrsche Doppelmoral. Vor unmusikalischen Opernregisseuren graut ihm.

Die Presse: Den Theatern und Opernhäusern fehlt das Publikum. Haben Sie als Regisseur dafür eine Erklärung?

Nikolaus Habjan:Ich finde das gar nicht erstaunlich. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Zum einen geht das Handwerk immer mehr verloren. In keiner Branche kann man so blenden wie am Theater. Je lauter, je extremer, umso mehr wird gefeiert. Ein Beispiel: Wenn sich jemand auf der Bühne ein Frankfurter in den Hintern steckt, ist das nicht Kunst. Aber man kann damit sehr berühmt werden. Dieses Blut-, Kacke-, Spermatheater mag ich überhaupt nicht, denn das zeigt, dass den Stücken nicht mehr vertraut wird.

Wie meinen Sie das?

Wenn sich Stücke über Jahrhunderte auf den Spielbühnen halten, hat das gute Gründe. Und natürlich ist es wichtig, sie aus heutiger Sicht zu betrachten. Nur, wenn ein Opernkritiker über meine Tosca-Inszenierung sagt: „Tosca ist wieder gesprungen. Wie langweilig“, denke ich mir: Stimmt. Aber so ist das Stück! Und es ist ein sehr spannendes. Diese Spannung will ich auf die Bühne bringen, und nicht mein Regie-Ego. Es tut mir leid, aber Cavaradossi bleibt Cavaradossi, Scarpia bleibt Scarpia und Rom bleibt Rom. Fertig. Ich will jene, die Tosca zum ersten Mal sehen, in den Bann ziehen. Nicht jemanden, der schon hunderte Inszenierungen kennt und sich wünscht, Tosca möge dieses Mal am Schluss mit dem Fahrrad in den Himmel aufsteigen.

Womit wir bei der Frage sind, für wen Intendanten und Regisseure heute Theater machen?

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