Im Kino

"Bones and All": Manche Menschenfresser sehen harmlos aus

Bones and All
Bones and AllMetro-Goldwyn-Mayer Pictures
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Ein Film, der uns verschlingt und am Ende wieder ausspuckt – und man ist sich nicht sicher, ob man heil geblieben ist: Luca Guadagninos „Bones and All“ über Schuld, Freiheit und die alles verzehrende Liebe – nicht nur unter Kannibalen.

Er hat sie gerochen. Menschenfresser können das, andere Menschenfresser riechen. Sie riechen auch meilenweit, wenn jemand mit dem Tode ringt, und manchmal kommen sie dann, dringen ins Haus ein, warten. Ist das kaltblütiger Mord, wenn so ein Menschenfresser dann nicht die Rettung ruft? Oder denkt er, das sei nur unterlassene Hilfeleistung? Was fühlt die alte Frau, die da reglos am Boden liegt in ihrem Nachthemd, die weißen Haare auf dem Boden ausgebreitet, und ein Fremder schlurft über den Flur, schaut hin und wieder vorbei im Zimmer: Lebt sie noch? Stirbt sie schon?

Zwei Kannibalen also: Einer alt, eine ganz jung. Einer gruselig grausig mit einem Filzhut samt Feder am Kopf, darunter lugt ein ausgedünnter Zopf hervor, dazu trägt er dieses seltsame Gilet mit den vielen Taschen, was ist da bitte drin? Wenn er spricht, dann wird sein Blick unstet. Die andere ist bildschön, eine Schülerin mit Namen Maren (Taylor Russell): Ihr steht die Devianz noch nicht ins Gesicht geschrieben, ihre Sucht hat sie noch nicht verbraucht. Er hat sie gefunden, an einer Haltestelle des Nachts, hat sie überredet, ihm ins Haus der alten Frau zu folgen, er hat ihr den Strick gezeigt mit den Haaren all seiner Opfer. Und dann haben sie gemeinsam gespeist. Nicht manierlich. Sie haben mit ihren Zähnen Fetzen aus dem Fleisch der alten Frau gerissen, als die ihre letzten Atemzüge tat, offenbar ist das der Deal: Nicht warten, bis der Tod eingetreten ist. Aber fast. Am Ende ist die blütenweiße Jacke der Schülerin flammend rot.

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