Moskaus Prägung durch die mongolische Fremdherrschaft helfe, den Ukraine-Krieg zu erklären, meint der britische Historiker Orlando Figes in seinem Buch „Eine Geschichte Russlands“: Wie viel ist dran an dieser neuen These?
„Wir können nichts anderes vom Westen erwarten als blinden Hass und Bosheit“: So schrieb 1853 der Historiker Michail Pogodin, der den Westen der Doppelmoral zieh. Wenn Frankreich der Türkei Algerien wegnehme und England „jährlich ein weiteres indisches Fürstentum annektiere“, dürfe sich niemand einmischen. Doch „Russland muss Europa um Erlaubnis bitten, wenn es sich mit Nachbarn streitet“. Zar Nikolaus I. hat das gelesen und handschriftlich angemerkt: „Genau das ist es.“
Nikolaus fand, seine Rolle als Schutzherr der Orthodoxen, mit der er 1853 den Einmarsch in osmanisch dominierte Gebiete rechtfertigte, werde nicht gewürdigt. Im folgenden Krimkrieg wurde Russland von den Osmanen und deren Verbündeten Frankreich und England zermürbt und besiegt, 1856 wurde es gezwungen, seine Schwarzmeerflotte aufzulösen. Das deutet der britische Russland-Historiker Orlando Figes in seinem Buch als „beispiellose“ Demütigung, vergleichbar mit der Erniedrigung Chinas nach dem Ersten Opiumkrieg: „Nie zuvor hatte man eine besiegte Großmacht zur Abrüstung gezwungen. Nicht einmal Frankreich war nach den Napoleonischen Kriegen entwaffnet worden. Die Behandlung Russlands war beispiellos in Europa.“