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Gaspreisdeckel im EU-Handel: Gewessler erwartet "intensive Debatten"

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Die EU-Kommission will besonders heftige Preisausschläge im europäischen Großhandel durch einen Preisdeckel eindämmen. Das Argument der Versorgungssicherheit müsse jedoch ernst genommen werden, meint Energieministerin Leonore Gewessler vor einem Sondertreffen mit ihren EU-Kollegen.

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat sich zurückhaltend zu dem Vorschlag der EU-Kommission über einen Gaspreisdeckel im europäischen Großhandel geäußert. "Ich glaube es ist wichtig, nichts unversucht zu lassen, um Gaspreise zu senken", so Gewessler vor einem Sondertreffen mit ihren EU-Kollegen am Donnerstag in Brüssel. Aber gleichzeitig müsse das Argument der Versorgungssicherheit ernst genommen werden. Gewessler erwartet zu diesem Vorschlag "intensive" Debatten.

Die EU-Kommission will besonders heftige Preisausschläge im europäischen Großhandel durch einen Preisdeckel eindämmen. Das betrifft bestimmte Transaktionen am Großhandelsplatz TTF, an den viele Lieferverträge in der EU gekoppelt sind. Konkret würde der Deckel automatisch greifen, wenn der Preis für im Folgemonat zu lieferndes Gas zwei Wochen lang 275 Euro pro Megawattstunde (MWh) übersteigt und gleichzeitig mindestens 58 Euro höher liegt als der Referenzpreis für Flüssiggas (LNG) am Weltmarkt.

Europaweit unterschiedliche Positionen

Während sich Länder wie Deutschland oder die Niederlande ähnlich skeptisch wie Österreich äußerten, geht der Preisdeckel vielen anderen EU-Staaten wie Italien, Frankreich, Malta, Belgien und Polen nicht weit genug. "Für uns ist das ein Witz nach so vielen Wochen an Diskussionen und Vorschlägen", sagte die polnische Umweltministerin Anna Moskwa.

"Wir sind in Europa in dieser Krise sicher in sehr unterschiedlichen Positionen", sagte Gewessler. Österreich als Binnenland habe nicht die Möglichkeit LNG-Terminals an die Küste zu stellen, sondern ist auf Pipelines angewiesen. Die verschiedenen Versorgungsstrukturen machen "natürlich das Management dieser Krise herausfordernder", so die Energieministerin.

Der deutsche Staatssekretär Sven Giegold erklärte: "Man kann zusammenfassend sagen, dass alle irgendwie unglücklich sind mit dem Vorschlag der Kommission." Für Deutschland sei es "wichtig, dass die Märkte nicht durcheinander kommen, sondern wir stattdessen die Ursachen für die hohen Preise angehen", sagte Giegold. Das liege an der Abhängigkeit von russischem Gas, der Knappheit von Gas und einem hohen Verbrauch.

Habeck weist Kritik an deutscher Haltung zurück

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck wies unterdessen Kritik an der deutschen Haltung zu einem europäischen Gaspreisdeckel zurück. "Wir blockieren nicht", sagte der Grünen-Politiker dem "Handelsblatt" am Donnerstag. Die EU-Staaten hätten sich auf einen flexiblen und cleveren Deckel für Zeiten exzessiver Preise verständigt. "Aber ich bin skeptisch, wenn es um eine feste Preisobergrenze im Markt geht, weil diese entweder zu hoch oder zu niedrig wäre."

Der luxemburgische Minister Claude Turmes mahnte hingegen zur Ruhe: "Lasst uns cool bleiben", sagte er. "Wir haben einen Monat, um diese Kuh vom Eis zu kriegen", sagte Turmes mit Blick auf das nächste Energieministertreffen im Dezember.

Gewessler betonte, dass es am Donnerstag in Brüssel keinen Beschluss zu dem von der EU-Kommission genannten "Markt-Korrektur-Mechanismus" geben werde. Es wird allerdings erwartet, dass sich die Ministerinnen und Minister auf die weniger kontroversen Themen, gemeinsamer Gaseinkauf und beschleunigte Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien, einigen werden. Gewessler drängt hier auf "konkrete Beschlüsse", es müssten "Nägel mit Köpfen" gemacht werden. Der Ausgang des Treffens ist angesichts des Gaspreisdeckel-Streits aber noch unklar.

"Iberisches Modell" nicht an der Tagesordnung

Das von Österreich lang geforderte "Iberische Modell" steht allerdings heute nicht auf der Tagesordnung. Die Entkoppelung von Strom und Gaspreis sollte die EU aber nicht aus den Augen verlieren, das Modell "hilft uns auch längerfristig", so Gewessler.

Die Arbeiterkammer kritisierte in einer Aussendung das Fehlen des "Iberischen Modells". Der Preisdeckel sei ein "Placebo-Korrektur-Mechanismus. Er hätte zu keiner Zeit der Krise einen Unterschied gemacht. Die Preise in den vergangenen Monaten wären dadurch überhaupt nicht beeinflusst worden", so AK Energieexperte Josef Thoman.

Experten argumentieren, dass der Mechanismus im August nicht ausgelöst worden wäre, hätte er da schon existiert, da die Preisgrenze nicht zwei Wochen lang überschritten wurde. Am 26. August erreichte der Gaspreis am TTF seinen bisherigen Höchststand von 340 Euro pro Megawattstunde, mittlerweile beträgt er rund 130 Euro.

(APA)

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