Italien

Sieben Tote und fünf Vermisste nach Erdrutsch auf Insel Ischia

Die Suche gestaltet sich wegen des schlechten Wetters und der verschütteten Straßen äußerst schwierig.
Die Suche gestaltet sich wegen des schlechten Wetters und der verschütteten Straßen äußerst schwierig.REUTERS
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Ein Erdrutsch verwüstet einen Teil der Insel Ischia vor Neapel. Berichte über mindestens acht Tote wurde von den Behörden vorerst nicht bestätigt, es gibt jedoch etliche Vermisste.

Die Opferzahl des Erdrutsches auf der italienischen Insel Ischia erhöht sich. Sieben Tote wurden am Sonntag von den Rettungseinheiten geborgen, nach fünf Vermissten wird noch gesucht. Zu den Toten zählen eine auf Ischia lebende Bulgarin und zwei Kinder. Das jüngste Opfer ist ein 21 Tage alter Bub.

Weitere Tote sind eine 31-jährige Frau, ein fünfjähriges Mädchen, eine Pensionistin sowie eine weitere Person, die noch identifiziert werden muss, teilten die Behörden mit. Zu den Vermissten zählen zwei Eltern und ihr fünf Jahre altes Kind. Die Suche nach Verschütteten wird über die ganze Nacht fortgesetzt, teilten die Behörden mit.

Die Zahl der Verletzten sank von 13 auf vier, wobei ein Mensch schwer verletzt sei. 167 obdachlos gewordene Personen mussten die Nacht in Hotels der Insel verbringen. Der Ministerrat in Rom tagte am Sonntag und rief den Notstand auf Ischia auf. Damit sollen Finanzierungen für die Obdachlosen und den Wiederaufbau rascher locker gemacht werden. Zwei Millionen Euro will die Regierung laut Medienangaben für Wiederaufbauarbeiten zur Verfügung stellen. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni entsendete Soldaten auf die Insel zur Unterstützung der Rettungskräfte.

200 Personen evakuiert

Ein 60-jähriger Mann konnte aus dem Geröll gerettet werden und wurde mit schweren Verletzungen ins Spital eingeliefert. Ein Ehepaar mit einem Neugeborenen, nach dem gesucht worden war, wurde lebend gefunden. Zwei Personen konnten lebend aus ihrem Auto geborgen werden. Mehrere Familien waren noch isoliert, die Behörden berichteten von Dutzenden eingestürzten Gebäuden. Unzählige geparkte Autos und Kleinbusse wurden ins offene Meer gerissen. Auch im Meer wird nach Vermissten gesucht.

200 Personen mussten aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen. Hoteliers und Restaurantbetreiber boten an, den evakuierten Menschen Unterkunft und Verpflegung zu sichern. Schulen und Turnhallen sollen die Obdachlosen beherbergen.

Der Hafen der wegen seiner Thermalbäder bekannten Insel war vorerst gesperrt. Über 100 Menschen seien in ihren Häusern ohne Strom und Wasser isoliert, berichteten die Behörden. Der Verkehr war auf vielen Straßen der Insel blockiert, und die Rettungskräfte hatten Mühe, in die am stärksten von den Überschwemmungen betroffenen Gebiete zu gelangen. Da einige Häuser nur über schmale Straßen zu erreichen sind, konnten die Rettungskräfte noch nicht alle Gebäude kontrollieren und das tatsächliche Ausmaß der Schäden feststellen. Mehrere Personen saßen in einem Hotel ohne Strom fest.

„Schwierigkeiten bei den Rettungsarbeiten"

"Es gibt einige Schwierigkeiten bei den Rettungsarbeiten, weil die Wetterbedingungen immer noch schlecht sind", sagte der italienische Innenminister Matteo Piantedosi. Zuvor hatte Infrastrukturminister Matteo Salvini erklärt, acht Menschen seien bei dem Erdrutsch ums Leben gekommen.

Die Bevölkerung wurde von den Behörden gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen, um die Rettungsarbeiten nicht zu behindern. Feuerwehrleute und Rettungseinheiten wurden aus Neapel entsendet, um die Straßen freizumachen. Der Bürgermeister von Ischia, Enzo Ferrandino, sprach von einer Tragödie und bat um Hilfe.

"Ich versuche ununterbrochen, einige als vermisst gemeldete Personen anzurufen, aber leider habe ich bisher noch keine Antwort erhalten", berichtete Gino Ballirano, Pfarrer der Kirche Santa Maria Maddalena in Casamicciola. Die Diözese Ischia mobilisierte die Caritas für erste Hilfe. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni dankte den Rettungskräften für ihren Einsatz, wie ihr Amtssitz in Rom mitteilte. Sie stehe in Kontakt mit den Behörden am Einsatzort. Die am Samstagabend geplante Saisoneröffnung des Theaters San Carlo in Neapel mit der Oper "Don Carlo" wurde als Zeichen der Trauer für die Erdrutschtragödie auf Ischia verschoben.

Größte Insel des Golfs von Neapel

Ischia ist die größte Insel des Golfs von Neapel, zu dem auch Capri und Procida gehören. Die 46 Quadratkilometer große Insel vulkanischen Ursprungs zählt 62.000 Einwohner und ist in sechs Gemeinden aufgeteilt. Aus dem Inneren der Insel entweicht Schwefel-Dampf, der speziell bei Atemwegserkrankungen helfen soll. Zahlreiche Hotelanlagen bieten ihre eigenen Thermalschwimmbecken an.

Schon die alten Griechen wussten über die heilende Wirkung der Thermalbäder Bescheid, dank denen die Insel seit Jahrhunderten ein beliebtes Urlaubsziel ist. Ischia entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer bekannten Künstlerkolonie. Schriftsteller und Maler aus aller Welt wurden von ihrer Schönheit angezogen, darunter auch Ingeborg Bachmann. Elizabeth Taylor und Luchino Visconti hielten sich hier zu Dreharbeiten auf. Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Merkel verbrachte häufig ihren Osterurlaub auf Ischia. Die Insel ist mit der Fähre in eineinhalb Stunden von Neapel aus erreichbar.

Italien wird immer häufiger von schweren Erdrutschen getroffen. Bei Unwettern in der Adria-Region Marken waren im September 13 Menschen ums Leben gekommen. Seit Freitag herrscht Unwetter-Alarm in Süditalien. In Venedig wurde Hochwasser gemeldet, die Lagunenstadt wird von einem System von Dammbarrieren vor den Fluten geschützt.

(APA)

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