Lokalkritik

Unter 20 Euro: Thum Schinkenbar

(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Nach 162 Jahren hat die Schinkenmanufaktur Thum mit ihrer Thum Schinkenbar endlich einen Standort in der Innenstadt. Und das ist gut so.

Das Leben besteht aus Entscheidungen. Gleich aufstehen oder noch einmal im Bett umdrehen? Ein zweiter Kaffee? Aufs E-Mail vom Chef sofort antworten oder später? Und was essen wir eigentlich zu Mittag? Von 20.000 Entscheidungen pro Tag ist im Internet die Rede. Da tut es doch gut, wenn einem ein bisschen etwas abgenommen wird. Eine Karte wie die in Thums neuer Schinkenbar in der Wiener Herrengasse ist in komplizierten Zeiten insofern eine Wohltat. Es gibt dort nämlich zum Sofortverzehr genau zwei Sachen zur Auswahl: Beinschinken oder Roastbeef. Also ein Mal alles bitte! Und dazu ein Glas Wein, das Franz Thum – der Cousin, mit dem Schinkengroßmeister Roman Thum die Bar betreibt – als Erleuchtung empfiehlt.

Aber von vorn: 162 Jahre hat es gedauert, bis die Schinkenmanufaktur in die Innenstadt kommt. Jetzt ist sie da, zumindest als Pop-up bis Ostern. Am Fenster des winzigen Lokals wird der legendäre Schinken per Hand vom Bein gesäbelt – eine Kunst für sich –, außerdem gibt es allerhand Thum-Produkte zum Mitnehmen, von der Wurst bis zum Mangalitzalardo. Das eigentlich Spannende ist aber die Schinkenbar, die sich aufs Wesentliche konzentriert: Schinkensemmel mit Senfgurke und Kren (5 Euro), Roastbeefbrot mit Senf (8 Euro) oder je eine Portion auf dem Teller (12,50 bzw. 16,50 Euro). Bei so wenigen Zutaten müssen die dann auch stimmen, und das tun sie: Das Brot kommt von Joseph, der Kren ist scharf, die Senfgurken alleine schon fantastisch (nur: mehr davon bitte!). Den meisten Eindruck hinterlässt – eh klar – der Beinschinken, auch das feine saftige Roastbeef kommt da nicht ran.

Dazu ein Schluck Wein im Achtelglas, designt von Cousine Alexandra Palla, etwa ein gemischter Satz von Hajszan Neumann (5,20 Euro), Craft Beer und Champagner gäbe es auch. Empfehlung: ein paar mehr Sitzgelegenheiten, damit mehr Schinkenliebhaber in den Genuss eines unkomplizierten und trotzdem feinen Mittagessens kommen, bei dem man (fast) nur eine einzige Entscheidung treffen muss: nämlich die hinzugehen. Sollte man!

Thum Schinkenbar, Herrengasse 6, Montag bis Samstag, 10 bis 19 Uhr, www.thum-schinken.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2022)

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