Konzertkritik

Tiefer in Beethovens Gedankenwelt: Anderszewski in Wien

Piotr Anderszewski spielte im Musikverein dieselbe späte Beethoven-Sonate wie unlängst Leif Ove Andsnes im Konzerthaus.

Erstaunlich, wie wenig Anklang der neue Pianisten-Zyklus im Musikverein bisher gefunden hat! Liegt es auch daran, dass er im Brahms-Saal und nicht im gerade für dieses Genre repräsentativeren Goldenen Saal stattfindet? Schon beim ersten Abend mit Hamelin blieben viele Plätze frei. Etwas besser besucht war der zweite mit Piotr Anderszewski. Und einem ungewöhnlichen Programm: ausgewählten Präludien und Fugen aus dem zweiten Band von Bachs „Wohltemperiertem Klavier“, die Webern-Variationen, Beethovens vorletzter Sonate, Opus 110.

Das lud zum Vergleich. Denn diesen späten Beethoven hat kürzlich auch Leif Ove Andsnes im Großen Konzerthaussaal gespielt. Dass die abschließende komplexe Fuge der Höhepunkt dieses Werks ist, wie Strawinsky betont hat, trat in den Interpretationen beider Virtuosen klar zutage: Wo Andsnes die verschiedenen Atmosphären dieses Finales einem weitgespannten Lyrismus unterordnete, hob Anderszewski in seiner dynamisch breiteren Lesart gerade diese Unterschiede hervor. Auch im langsamen Satz drang er tiefer in Beethovens Gedankenwelt, konzentrierte sich stärker auf ihre, tiefen Schmerz suggerierende Harmonik. Das Scherzo wirkte im Vergleich zu Anderszewskis grob-ungestümem Zugriff unter den Händen von Andsnes fast harmlos, rhythmisch zu wenig enthusiastisch.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.