Musikverein

Großer Lutosławski – und ein Mozart-Malheur

Philharmonisches. Jakub Hrůša, der jüngste im Kreis der Dirigenten von Abo-Konzerten der Philharmoniker, punktete am Pult mit Raritäten, Evgeny Kissin enttäuschte als Solist in Mozarts Klavierkonzert KV 488.

Wer an diesem Vormittag womöglich wegen Witold Lutosławski und seinem Konzert für Orchester in den Musikverein gepilgert ist – und hoffentlich gibt es längst Fans im philharmonischen Publikum –, ist jedenfalls auf seine Kosten gekommen. 1954 uraufgeführt, verdankt das packende Werk nicht nur im Titel einiges dem Vorbild bei Béla Bartók, kann aber aus dessen Schatten treten.

Die Anlage lässt trotz Dreisätzigkeit sogar schon ahnen, wohin Lutosławski, dieser Klassiker des 20. Jahrhunderts, die symphonische Form später entwickeln würde: zu zwei großen Teilen, von denen der erste vorbereitet und der zweite, längere die Hauptsache verhandelt. Tatsächlich schürzt sich auch im Konzert für Orchester der Knoten erst im Finale. Nach dem düster dräuenden Beginn des Kopfsatzes, der sich in lichte Verheißung auflöst, dem irrlichternden Pingpong zwischen Streichern und Schlagzeug, das im Mittelsatz imposante Trompetenrufe umrahmt, geht es zuletzt um alles: In archaischer Größe türmt sich eine Passacaglia von prachtvoller Strenge auf, dann hämmert eine manische Toccata, bis das Ganze von einem erhabenen Choral überstrahlt wird. Jakub Hrůša am Pult zeigte dabei seine Fähigkeit, die Philharmoniker sicher durch ein relativ unbekanntes Terrain zu führen, klare Konturen herauszuarbeiten, die Klangfarben penibel zu mischen – und dann im Moment der Aufführung noch spontane Temperamentsausbrüche anzupeilen, die den verdienten Erfolg besiegelten.

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