Schmiergeld-Prozess

Chorherr-Prozess: "Kenne niemand, der weniger korrupt ist"

Christoph Chorherr im Straflandesgericht Wien
Christoph Chorherr im Straflandesgericht WienAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der Obmann des Vereins S2Arch versichert vor Gericht, keinen Zusammenhang zwischen Spenden und Widmungsverfahren wahrgenommen zu haben.

Beim Prozess gegen den ehemaligen grünen Rathaus-Politiker Christoph Chorherr ist am Dienstag der Obmann des Vereins S2Arch vernommen worden. Dieser versicherte, dass er keinen Zusammenhang zwischen Spenden und Widmungsverfahren wahrgenommen habe. Und er zeigte sich von der Unschuld des früheren Planungssprechers der grünen Fraktion überzeugt. "Ich kenne niemand, der weniger korrupt ist als der Magister Chorherr."

Der Mann wurde als Vertreter von S2Arch befragt. Der Verein gehört zu den insgesamt 21 Verbänden, bei denen die Verhängung einer Geldbuße nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz beantragt wurde. Chorherr hatte den Vereinsvorsitz angesichts der öffentlichen Debatte um seine Person 2018 zurückgelegt. Sein Nachfolger beschrieb heute den Vereinszweck - also den Bau von Bildungseinrichtungen in Südafrika. Dies sei die einzige Aufgabe, der Verein habe darum auch nur sehr wenige Mitglieder. Meist sind das zwischen zehn und 20 Personen, wie der Obmann erläuterte. Um einen "Geheimbund" handle es sich keineswegs, der Verein sei nicht größer, weil man nicht mehr Mitglieder für den Zweck brauche, beteuerte er.

"Er hat für die Sache gebrannt"

Chorherr kenne er seit vielen Jahren, erzählte der Mann. Dieser sei sehr begeisterungsfähig gewesen. "Er hat für die Sache gebrannt." Einen Zusammenhang zwischen Spenden und etwaiger Flächenwidmungsverfahren habe er nicht wahrgenommen. Dass die Bekanntheit Chorherrs Menschen motiviert habe, zu spenden, schloss er nicht aus. Chorherr habe sich etwa durch das erste Leihradprojekt oder die autofreie Siedlung einen Namen gemacht.

Der Vereinsobmann zeigte sich jedenfalls überzeugt, dass Chorherr nicht bestechlich sei. Das Verfahren selbst sorgt laut dem Verbands-Vertreter aber für gröbere Schwierigkeiten. Denn es gebe nun kaum mehr Unterstützer, die Finanzierung etwa des Ihtuba-Schulprojekts sei schwierig geworden. Täglich höre er Aussagen wie: "Diese ganzen Immobilienhaie, wer weiß was da war."

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, einer Reihe von Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor. Zu den Mitangeklagten gehören unter anderem der Investor Rene Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler. Chorherr und die Vereins-Unterstützer haben sich nicht schuldig bekannt.

Der Grün-Politiker soll für das Herbeiführen entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse Spenden an den Verein S2Arch erhalten haben bzw. sollen ihm solche versprochen worden sein. Die gemeinnützige Organisation hat in Südafrika zwei Schulen, Behinderten-Einrichtungen sowie mehrere Kindergärten errichtet. Die Immo-Projekte von Einzahlern sind laut Anklage im Gegenzug dafür "günstig" behandelt worden, wobei Chorherr seine finanzielle Beziehung zu den Spendern verschleiert haben soll. Die betreffenden Vorgänge fanden von 2011 bis 2018 statt, damals waren die Grünen auch Teil der Stadtregierung.

(APA)

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