Mein Dienstag

Gegen das Aussterben der Kleiderhaken!

Die Betreiber vieler Gaststätten scheinen dem Eindruck zu erliegen, dass wir ohne Mantel und Hut aus dem Haus gehen und bei ihnen einkehren. Woran liegt das?

Bei der Café-Tür hinein, den Tisch meines Gesprächspartners zielstrebig angepeilt, beim Durchschreiten des Gastraums den Regenmantel von den Schultern gleiten lassend, um ihn dann – tja, wohin mit dem Trenchcoat? Neben dem Windfang des Lokals thront kein Kleiderständer. An den Wänden sind keine Kleiderhaken festgedübelt. Wohin also mit dem Überzieher, dem regennassen noch dazu? Einzige Lösung: auf einen der Stühle, soferne einer frei ist. Und da hängt er dann, traurig, schlapp, pfützenbildend vor sich hintropfend. Und erst der Hut! Wo soll der hin? Wohin?

Nicht nur in neueren Brüsseler Lokalen, auch unlängst in Madrid und im Sommer auf Heimaturlaub in Wien konnte ich mich des Verdachts nicht erwehren, dass eine wesentliche Notwendigkeit in der Ausstattung von Gaststätten immer öfter vernachlässigt wird. Die Betreiber vieler Bars, Cafés und anderer Etablissements scheinen dem Eindruck zu erliegen, dass wir ohne Überkleidung und Kopfbedeckung aus dem Haus gehen und bei ihnen einkehren. Woran liegt das? Wenn einen Cafetier die Sorge umtreibt, er könnte für Verlust oder Diebstahl belangt werden, kann er seinen Haftungsausschluss mit einem einfachen Warnschild kundtun. Niemand hätte damit ein Problem. Stattdessen muss man auch in echten Restaurants, die einen zumindest rudimentären kulinarischen Anspruch kundtun, immer öfter seinen Mantel oder seine Jacke unbequem über die Sessellehne hängen. Haben die nicht einmal ein nebbiches Kabuff, in welchem die Kellner die Garderobe ihrer Gäste deponieren können?

Viele ernste Probleme umrasen unseren Erdball. Aber ich finde, der Reiz, ein Kaffeehaus, eine Bar, oder ein Bistro aufzusuchen, besteht doch darin, für ein, zwei Stunden den Alltag draußen zu lassen, dafür aber nicht eigens nach Hause gehen zu müssen. Sich dabei des Mantels und des Hutes entledigen zu können, sollte das Mindestmaß an Gastlichkeit markieren. Also, Wirte Europas: an die Akkuschrauber, Kleiderhaken her!

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

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