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Der Aufstieg des Schlaftourismus

rem-phase. Von wegen „Kabinen-Party“ oder „Drei Tage wach“: Trendy Urlauber schlafen jetzt – viel, lang  und sogar nach Programm.
rem-phase. Von wegen „Kabinen-Party“ oder „Drei Tage wach“: Trendy Urlauber schlafen jetzt – viel, lang und sogar nach Programm.unsplash/
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Urlaubskater? Ein Trend geht um die Welt, Unterkünfte, die Erholung anbieten: Schlafhotels.

Oft bekomme ich mit, wie Freunde aus dem Urlaub ramponiert heimkehren. Wer in die knapp bemessene Freizeit alles hineinpackt, jede einzelne Attraktion, jeden möglichen Höhepunkt, wird unwillkürlich eine ballermannsche Ernte einfahren – und sich in den folgenden Arbeitswochen vom Urlaubskater erholen müssen. Zahlende Gäste lassen zwar begeistert auch jene Spa-Behandlungen mit ätherischen Ölen und Kompressionsmassagen mit Klobesen – oder was immer der lokale Tourismus eben bereithält – über sich ergehen, nur: Es bringt alles nichts. Viele Touristen sind nach zwei Wochen Urlaub angebrutzelt und platt wie Flundern am Grill.

CNN berichtet nun über einen gegen­läufigen Trend, den „Aufstieg des Schlaf­tourismus“. Polterabendfeindliche Unterkünfte spezialisieren sich auf Schlafkomfort und Ohrenstöpsel. High-End-Hotels wie das Park Hyatt in New York legen neuerdings, etwa mit ihrer 85 Quadratmeter großen „Restorative Sleep Suite“, den Fokus auf die Nachtruhe. Zu solchen Angeboten gehören Meditationsmusik, extraschwere Bettdecken, imprägnierte Aroma-Duftpolster oder Zirben-Kräutertee. Wenn das alles nicht anspricht, gehen die Unterkunftgeber nach ­unbestätigten Meldungen auch mit ­K.-o.-Tropfen vor.

Für die Optimierung des heiligen ­Wellness-Schlafs steht das Bettenhaus Hästens. In Coimbra eröffnete es ein Boutique-Hotel unter dem Namen „Hästens Sleep Spa“ mit Schlafschwerpunkt. Die Kette Rosewood Hotels & Resorts (USA/Hongkong) wiederum versammelt eine Reihe von Unterkünften nach dem holistischen Konzept „Alchemy of Sleep“. Bei Angeboten wie dem eintägigen „Dreamscape“ oder der fünftägigen „Sleep Transformation“ mag auf der Geschäftsseite auch das etwas schimmlige All-Inclusive-Begehren dahinterstecken, zahlende Gäste nicht aus dem Auge und der Anlage zu lassen – freiwillige Häfenerholung. Das Mandarin Oriental in Genf geht einen Schritt weiter, indem es mit einer Schlafklinik kooperiert. Ich weiß nicht, ob mir ärztliche Betreuung ohne konkreten Anlass im Urlaub willkommen wäre. ­
Will ich Diagnosen statt Souvenirs? Dann doch lieber hemmungslos saufen und kaputt zurückkommen!

("Die Presse Schaufenster" vom 25.11..2022)

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