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Mikl-Leitner: "Selbstverständlich spricht man auch über Privates"

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)  am Weg in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Weg in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss im Camineum der Nationalbibliothek in Wien. APA/TOBIAS STEINMAURER
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Niederösterreichs Landeshauptfrau wurde im U-Ausschuss zu Chats, Personalia und ihrer Zeit als Innenministerin befragt - und dabei zuhauf unterbrochen. Die Folge: Am 7. Dezember gibt es ein Wiedersehen. Die „Presse“ berichtete live.

Dass in Zeiten einer Weltmeisterschaft Jubel- oder Jammerrufe zu hören sind, ist üblich. Unüblich dagegen ist, dass Vorgänge in einem Parlament an das Treiben auf einem Fußballplatz erinnern. Heute, Donnerstag, mutete es dennoch zuweilen so an. Anlass war die zwischenruf- und unterbrechungsreiche Befragung von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Die ehemalige Innenministerin war auf Wunsch der SPÖ geladen worden, um sie zu ihren Wahrnehmungen zu befragen – zum Aufstieg von Sebastian Kurz an die Spitze der Volkspartei wie auch der Bundesregierung, zu Postenvergaben sowie zu Chatnachrichten. Geworden ist daraus über weite Strecken ein Schlagabtausch – in Form von Geschäftsordnungsdebatten.

Der Reihe nach: Gleich zu Beginn des Ausschusstages kritisierte Mikl-Leitner den Zeitpunkt ihre Ladung. Es gehe hier „nur ums Wahlkämpfen“, meinte sie in Richtung der SPÖ. Außerdem betonte sie, von einem „Projekt Ballhausplatz nur aus den Medien“ gehört zu haben.

Wie hat sich Kurz vorbereitet?

Sodann war FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker am Wort. Er fragte nach dem 14. Mai 2017, jenem Tag, „an dem Sebastian Kurz als Privatperson Neuwahlen gefordert“ habe, zu denen es alsbald gekommen sei. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger und ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker mischten sich sofort ein und monierten, es fehle der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Nach etlichen Präzisierungsanläufen wurde die Frage letztlich zugelassen. Die Antwort dauerte daraufhin weit kürzer: Sie wisse, dass Kurz Obmann wurde, „aber wie er sich darauf vorbereitet hat, kann ich nicht sagen“, sagte Mikl-Leitner. Woran sie sich aber erinnere: Damals sei die Stimmung in der rot-schwarzen Koalition sehr rau gewesen, es herrschte „ein permanentes Gegeneinander“, daher sei ihr „ein Miteinander so wichtig“.

Nina Tomaselli und Stephanie Krisper, die Fraktionsführerinnen der Grünen und der Neos, konfrontierten Mikl-Leitner anschließend mit Chatnachrichten. Einerseits handelten sie von einem Ferialpraktikum für einen Neffen der Landeshauptfrau. „Ich verlasse mich auf euch“, soll Mikl-Leitner damals an den Kabinettchef im Innenministerium geschrieben haben. Sie könne sich nicht mehr an den Wortlaut erinnern, interpretiere ihn aber so, dass es ihr darum ging, dass ihr Neffe „hart arbeiten“ müsste, sollte er das Praktikum bekommen, antwortete die Auskunftsperson. Fakt sei aber: Das Praktikum sei nicht zustande gekommen.

Konfrontiert mit dem Fall einer Medizinerin, die sich für den Posten als Chefärztin im Innenministerium beworben habe, führte Mikl-Leitner aus, dass es zwischen ihnen Chats gebe. Immerhin: Man wohne in derselben Stadt und „ich darf sagen, dass wir uns immer wieder sehen und selbstverständlich spricht man dann auch über Privates", so die Ex-Ministerin. Die Frau habe ihr einst ihr Leid geklagt, wie schwierig es als Frau sei, in einem „männerdominierten Ministerium" Fuß zu fassen. „Hier ist Frauensolidarität aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit“, kommentierte Mikl-Leitner.

„Nebulose“ Causa Media Contacta

Weit wortkarger gab sich die 58-Jährige bei Fragen von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer nach der Media Contacta. „Die Media Contacta als Eventagentur ist eingetragen wie jede Firma ins Firmenbuch“, antwortete Mikl-Leitner darauf. Krainer hakte nach, welche Leistungen es für die Bundes- und die Landes-ÖVP gegeben habe und ob die niederösterreichische Volkspartei womöglich direkt oder indirekt wirtschaftlich Berechtigter der Agentur sei. Weiters wollte er aufarbeiten, ob hier Steuergeld missbräuchlich verwendet wurde. Auf eine Antwort durch die Landeshauptfrau musste er aber vergeblich warten. Er wurde stattdessen von Hanger unterbrochen, der sich gegen derartige „nebulosen Fragen“ und „Verschwörungstheorien“ verwehrte.

Die Debatte beendete letztlich Friedrich Ofenauer. Der Niederösterreicher, der als Vorsitzender des U-Ausschusses eingesprungen war, da Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) terminlich verhindert war, wies daraufhin, dass die maximale Fragezeit erreicht sei. In anderen Worten: vorläufiger Schlusspfiff. Denn: es wird eine Nachspielzeit geben. Am 7. Dezember soll Mikl-Leitner neuerlich geladen werden.

Auf einen Blick

Johanna Mikl-Leitner, seit 19. April 2017 Landeshauptfrau von Niederösterreich, war von 1999 bis 2003 Abgeordnete zum Nationalrat. Von 2003 bis 2011 war sie in Niederösterreich Landesrätin für Soziales, EU-Regionalpolitik, Arbeit und Familie. Von 2011 bis 2016 fungierte sie als Innenministerin, ehe sie 2016 wieder nach Niederösterreich wechselte - als Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin für Finanzen, Wohnbau und Arbeitsmarkt. 2017 wurde sie als Nachfolgerin von Erwin Pröll Vorsitzende der ÖVP Niederösterreich und erste Landeshauptfrau.

Der U-Ausschuss befasst sich mit dem Zeitraum zwischen Dezember 2017 und Oktober 2021. Die Abgeordneten wollen wissen, ob in dieser Zeit ÖVP-nahen Personen oder Organisationen Vorteile durch Organe des Bundes zu parteipolitischen Zwecken gewährt wurden.

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