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Nehammer kritisiert "ungeheuerliche Anschuldigung" im U-Ausschuss

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Weg in den U-Ausschuss
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Weg in den U-AusschussAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die zweite Befragung des Kanzlers im U-Ausschuss war - wie schon sein erster Auftritt dort - gespickt von Geschäftsordnungsdebatten.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist am Mittwoch zum zweiten Mal in den ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss gekommen. Er war im Untersuchungszeitraum zunächst Generalsekretär der Volkspartei, anschließend bekleidete er das Amt des Innenministers. Bereits zum Auftakt im März war er geladen, damals geriet aber Inhaltliches ob zahlreicher Geschäftsordnungsdiskussionen in den Hintergrund - und auch die Befragung am Mittwoch verlief ähnlich.

Gleich die erste Frage des SPÖ-Abgeordneten Christoph Matznetter führte zu einer Geschäftsordnungsdiskussion mit anstehender Sitzungsunterbrechung. Matznetter wollte von Nehammer wissen, ob ihm bekannt sei, dass der ehemalige enge Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Gerald Fleischmann, Beschuldigter in der sogenannten Causa Beinschab - Umfragen sollen, so der Verdacht, zugunsten von Kurz bzw. der ÖVP getürkt und ventiliert worden sein - ist. Diese Frage war der ÖVP allerdings zu "abstrakt“, Fraktionsführer Andreas Hanger fehlte der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ließ sie nach der Unterbrechung dennoch zu. Nehammer antwortete daraufhin mit einem knappen "Ja". Er wisse aber nicht, was Fleischmann, der seit Kurzem wieder die Kommunikation der ÖVP leitet, im Detail vorgeworfen werde. Als Fleischmann damals im Kanzleramt war, sei er Generalsekretär gewesen, so Nehammer. Danach gefragt, ob er Wahrnehmungen zu Umfragen in dieser Zeit habe, antwortet Nehammer: "Aus meiner Erinnerung kann ich weder bestätigen noch ausschließen, dass ich in dieser Zeit mit Fleischmann über Umfragen gesprochen habe".

Gegenleistung für 500.000 Euro?

Von Geschäftsordnungsdebatten gespickt war auch die Frage vonseiten der SPÖ-Fraktion nach Gegenleistungen an die ÖVP für öffentliche Aufträge. Konkret geht es um 500.000 Euro, die der Partei von der Agentur Mediacontacta gestundet worden waren, und damit vermeintlich in Zusammenhang stehenden öffentlichen Aufträge. Er habe keine Wahrnehmung dazu, antwortete der nunmehrige Kanzler schließlich. Den Chef des Unternehmens kenne er schon lange aus seiner Zeit in Niederösterreich.

Auch habe er keine Wahrnehmung dazu, dass bei einer Teamklausur der ÖVP womöglich Ergebnisse von Umfragen präsentiert wurden, die ein ÖVP-Ministerium in Auftrag gegeben hatte, meinte Nehammer auf eine entsprechende Frage. Der Kanzler hält das für eine "ungeheuerliche Anschuldigung".

Angesprochen auf diverse Postenbesetzungen durch sein einstiges Ressort, das Innenministerium, beteuerte Nehammer, keine "Interventionslisten" - wie es laut Opposition unter Wolfgang Sobotka der Fall gewesen sein soll - geführt zu haben. Angesprochen auf einen Fall, wo es um die Leitung der Flugpolizei ging, verwies Nehammer auf das "klare Reglement, wie Postenbesetzungen vorzunehmen sind". Zum konkreten Fall habe er keine Wahrnehmungen.

In seinem Eingangsstatement hatte der Kanzler zunächst an die derzeit vorherrschenden "multiplen Krisen" erinnert. Sorgen um Energiesicherheit und Teuerung würden die Menschen bewegen. Seine Aufgabe und die der Bundesregierung sei es, "Menschen in Zeiten der Unsicherheit Sicherheit zu geben". Offenbar sei es aber "Usance" im U-Ausschuss den Kanzler zu Beginn und zum Schluss zu laden. Dieser Ladung sei er nachgekommen.

Zunächst wollte der Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl vom Kanzler wissen, warum er einer Sicherstellungsanordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die interne Kommunikation und Dokumentation des Kanzleramts zu liefern, nicht nachgekommen sei. Nehammer begründete das mit der "Fürsorgepflicht des Dienstgebers". Die Sicherstellungsanordnung, von der er Mitte August erfahren habe, sei "umfassend und nicht präzise" gewesen. Daher habe man die Juristen im Haus damit befasst und ein Rechtsmittel eingelegt, um juristische Sicherheit zu bekommen.

Derzeit würden die Juristen des Hauses mit der WKStA zusammenarbeiten, um der Anordnung nachzukommen. Dass man dies tun werde, sei jedenfalls klar, so Nehammer: "Derzeit geht es aber auch um technische Fragen, wie die E-Mail-Postfächer, die umfassend sind, zur Verfügung gestellt werden können." Schließlich handle es sich um mehr als 100 Dienstnehmer.

Als zweite Auskunftsperson vorgesehen ist am Mittwoch der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen Volkspartei, Bernhard Ebner. Er soll unter anderem zur etwaigen Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten mit Hilfe von Auftragsvergaben und Förderungen befragt werden. Die ÖVP kritisierte seine Ladung als durchschaubares Manöver, sei diese doch der Ende Jänner anstehenden Landtagswahl geschuldet.

(APA)

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