Bericht

Spenden: Auf den Rekord folgt der Rückgang

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Heimische Hilfsorganisationen befürchten wegen der Inflation eine Abnahme der Geldspenden. In Österreich spenden vor allem Menschen aus der Mittelschicht und mit geringen Einkommen, Besserverdienende kaum.

Die gute Nachricht: Heuer dürfte in Österreich ein neuer Spendenrekord aufgestellt werden. Schätzungen zufolge werden bis Jahresende 900 Millionen Euro gespendet (2021: 870 Mio.) sein.
Einen großen Anteil hatte die Solidarität mit der Ukraine: Alleine in den ersten zwei Monaten nach Kriegsausbruch wurden für die Ukraine 100 Mio. Euro gespendet.

Die weniger gute Nachricht: Seit dem Sommer spüren viele Hilfsorganisationen ob der Inflation einen deutlichen Rückgang bei der Spendenbereitschaft, „das bereitet uns erstmals Sorgenfalten“, wie Günther Lutschinger vom Dachverband der Spendenorganisationen, Fundraising Verband Austria, sagt.


25 bis 30 Prozent des Spendenaufkommens wird traditionell vor Weihnachten getätigt. Ob die erhofften 900 Mio. Euro heuer tatsächlich zusammenkommen, entscheidet sich also jetzt. „Fallen die Spenden in der Weihnachtszeit heuer geringer aus, dann droht vielen wichtigen Hilfsprojekten das Aus,“ so Lutschinger bei der Präsentation des Spendenberichts 2022 am Mittwoch. Schon jetzt seien viele Organisationen ob der gestiegenen Kosten „extrem unter Druck“.

111 Euro spendet jeder Österreicher, jede Österreicherin im Schnitt, wobei die Spenden im Westen mit 163 Euro (etwa in Tirol) höher sind als im Osten (Wien: 107, Niederösterreich: 78 Euro).

80 Prozent der österreichweit gesammelten Spenden stammen übrigens von Privatpersonen, nur jeweils zehn Prozent von Unternehmen und gemeinnützigen Stiftungen. Österreich sei also ein Land „der kleinen Spenden“. Anders als in Deutschland ist hierzulande der Mittelstand „die Hauptschlagaders des Gebens“, auch Geringverdiener waren bisher spendenfreudig.

2 Prozent der Spenden liegen über 1000 Euro, was zeigt, wie gering der Anteil der größeren Spenden ist. Denn generell tragen die Besserverdiener in Österreich trotz ihres größeren Wohlstands nur marginal zum Spendenaufkommen bei. Während in Deutschland fast 44 Prozent der Gesamtspenden von der Bevölkerungsgruppe mit den höchsten Einkommen stammt, liegt der Anteil in Österreich unter zehn Prozent. Teils lässt sich dies damit erklären, dass Besserverdiener eher gemeinnützige Stiftungen unterstützen, die wiederum in Österreich ob der schlechteren Rechtslage (u.a. können sie Spenden nur befristet steuerlich absetzen) weniger etabliert sind als in Deutschland.

67 Prozent der Österreicher geben an, Organisationen mit Geldspenden zu unterstützen, „wir müssen aber damit rechnen, dass dieser Anteil abnimmt“, sagt Lutschinger. Am liebsten spenden die Österreicher für Hilfseinrichtungen für Kinder (33 %) und den Tierschutz (32 %) sowie für Nothilfen etwa nach Naturkatastrophen oder Kriegen. Mit der Folge, dass schon seit einiger Zeit langfristigere Entwicklungsprojekte einen Rückgang an Unterstützung verzeichnen, da viele Menschen eher bei akuten Krisen helfen wollen.

8,5 Millionen Euro weniger wurden etwa für Vereine der Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2021 gespendet, ein Minus von rund fünf Prozent gegenüber 2020. Schul- und Ausbildungsprojekte oder Initiativen zur Frauenförderung in Afrika oder Lateinamerika etwa „bleiben somit leider auf der Strecke“, so Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von „Jugend Eine Welt“. Auch seine Organisation musste schon einige Projekte verschieben: So kann ein geplantes Spital in Ghana „nicht in der Geschwindigkeit gebaut werden wie geplant“. Heiserer rechnet mit einem weiteren Rückgang: Wegen der Inflation würden viele sogenannte Dauerspender (die etwa monatlich einen Betrag überweisen) ihre Abbucher stornieren.

94 Prozent aller Spenden sind hierzulande steuerlich absetzbar, der Fundraising Verband Austria fordert die Bundesregierung zur Vereinheitlichung auf: So können Spenden für Bildung oder Tierschutz nach wie vor nicht abgesetzt werden. An sich stehen im aktuellen Regierungsprogramm 14 wichtige Maßnahmen, die Hilfsorganisationen, Freiwilligenarbeit und Privatspendern Erleichterungen bringen würden. Allerdings sei bisher „keine einzige dieser Maßnahmen auch umgesetzt worden“, kritisiert Lutschinger.

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