Quergeschrieben

Wer braucht eigentlich die „Wiener Zeitung“? Wir alle

Am 30. November endet die Begutachtungsfrist für ein neues Gesetz, das die „Wiener Zeitung“ zerstören könnte. Die Demokratie würde leiden.

Am vorsichtigsten sollte man mit Superlativen sein. Die „Wiener Zeitung“ nennt sich gern die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Ein Blatt in Mantua behauptet allerdings, noch einige Jahre mehr zu zählen. Zudem gab es während der NS-Zeit eine knapp fünfjährige Publikationspause. Wie auch immer, die Zeitung mit dem Gründungsjahr 1703 ist älter als alle anderen österreichischen Publikationen. Noch. Denn wenn es nach einem Gesetzesentwurf geht, dessen Begutachtungsfrist am Mittwoch endete, ist spätestens 2024 nicht nur die gedruckte Tageszeitung, sondern auch der redaktionelle Kern der Marke Geschichte.

Eine jahrhundertelange, sehr österreichische Geschichte des Durchwurstelns würde dann auf unelegante, demokratiepolitisch bedenkliche und somit auch sehr österreichische Art enden. Die Fakten sind wohlbekannt: Die Zeitung finanzierte sich durch Pflichtinserate und Ankündigungen, ein Geschäft, das im 19. Jahrhundert dermaßen gut lief, dass Kaiser Franz Joseph die privat geführte Zeitung kurzerhand verstaatlichte. Die Digitalisierung machte das Amtsblatt überflüssig, eine EU-Richtlinie und Beschwerden aus der Wirtschaft und von der Konkurrenz halfen dabei. Seitdem will der Staat das Blatt wieder loswerden. Schon im rot-schwarzen Regierungsprogramm 2013 wollte man die Verlautbarungspflicht „durchforsten“, Türkis-Blau werkelte weiter daran – und die türkis-grüne Koalition scheint das Werk nun zu vollenden.

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