Flüchtlinge

Republik Moldau: Ein hilfsbereites Land stößt an Grenzen

Daniil, Lilia und Tochter Milona sind nach einer Odyssee durch die Ukraine bei ihrer Tante Lydia in Tudora untergekommen.
Daniil, Lilia und Tochter Milona sind nach einer Odyssee durch die Ukraine bei ihrer Tante Lydia in Tudora untergekommen.Erich Kocina
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Als eines der ärmsten Länder Europas hat man rund 95.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Nun droht der Bevölkerung ein harter Winter. Ohne Hilfe aus Europa wird das Land die Situation nicht bewältigen können.

„Das war mein Haus.“ Auf Edwards Handy ist ein Fensterrahmen zu sehen, die dazugehörige Mauer ist zusammengebrochen. Davor liegen verstreut Trümmer. Eine russische Bombe hat sein Zuhause zerstört. „Wir haben uns eine Woche im Untergrund versteckt. Es war gefährlich.“

Anfang März, wenige Tage nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine, war für Edward und seine Familie nichts mehr, wie es einmal war. Nur weg von hier. Gemeinsam mit Bruder Daniil und Cousin Ivan, alle drei mit ihren Frauen und je einer kleinen Tochter, machten sie sich auf den Weg aus dem umkämpften Mariupol.

„Wir sind durch die Ukraine gefahren und haben einen sicheren Platz gesucht“, erzählt Daniil. Sicherheit fanden sie keine. Bis sie es im Herbst endlich in die Republik Moldau schafften. Wie die jungen Männer über die Grenze kamen? Immerhin gilt für Männer im wehrfähigen Alter ein Ausreiseverbot. Edward und Daniil schütteln den Kopf, darüber wollen sie nicht sprechen. Für Ivan war es leicht – er ist moldauischer Staatsbürger.

„Alle haben Platz“

Für ihn war es ein Heimkommen. Er lebt jetzt im Haus, in dem er aufgewachsen ist, ehe er zum Arbeiten nach Mariupol ging. Lydia, seine Mutter, hat ihn aufgenommen – wie auch ihre beiden Neffen mit Frauen und Kindern. Sie teilen sich zu zehnt das Haus, das die 68-Jährige zuvor allein bewohnt hat. „Es ist nicht groß“, sagt Lydia, „aber alle haben Platz.“

Rund 683.000 Menschen sind seit Beginn des Krieges aus der Ukraine in die Republik Moldau geflohen. Der Großteil zog weiter, doch rund 95.000 blieben in der kleinen Ex-Sowjetrepublik. Eine Mammutaufgabe für das Land. Doch die Krise ließ die Menschen über sich hinauswachsen. Freiwillige fuhren an die Grenze, organisierten Nahrung und nahmen Flüchtlinge in ihre Häuser auf.

Es war eine fast paradoxe Situation – immerhin galt in Moldau seit Jahrzehnten: Wer kann, verlässt das Land, um anderswo Geld zu verdienen, wo man bessere Chancen hat. Und plötzlich strömten Tausende Menschen über die Grenze. Dass jemand hier um Asyl ansucht, war zumindest gewöhnungsbedürftig.

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