Stiftungsrat

ORF mit Finanzen in der Bredouille

INTERVIEW: ORF-GENERALDIREKTOR ROLAND WEISSMANN
INTERVIEW: ORF-GENERALDIREKTOR ROLAND WEISSMANN(c) APA (EVA MANHART)
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ORF-Chef Weißmann warnte vor der Stiftungsratssitzung am Donnerstag vor einer "Finanzierungskrise". Eine Neuregelung der Finanzierung müsse bis März geklärt sein. Die Abhängigkeit des ORF von den Gebühren steigt.

Hatten wir nicht eben eine ORF-Gebührenerhöhung? Um acht Prozent sind die GIS-Beiträge heuer gestiegen - das sollte für die Dauer von fünf Jahren reichen. So war der Plan. Doch die Inflation frisst die Mehreinnahmen weg. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sieht mittelfristig sogar die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Aufträge "nicht mehr garantiert". Natürlich weiß er, warum er jetzt schon das Lamento startet, obwohl der ORF nicht nur heuer, sondern voraussichtlich auch 2023 ausgeglichen bilanzieren wird.

Erst 2024 tut sich eine Finanzierungslücke auf. Wegen der Teuerung drohen dem ORF demnach Verluste von bis zu 130 Millionen Euro jährlich, heißt es. Bis 2026 würden 325 Millionen Euro fehlen. Weißmann warnte vor dem (für heuer letzten) Stiftungsratsplenum am Donnerstag vor einer "Finanzierungskrise", wie sie der ORF noch nicht erlebt habe. Denn während die Abhängigkeit des ORF von den Gebühren steigt (2021 beliefen sich die Einnahmen aus dem Programmentgelt auf 645 Millionen Euro) und der Anteil der Werbeeinnahmen am Budget sinkt, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk zuletzt immer mehr Gebührenzahler verloren. Das kratzt an den Finanzen. Und an der Legitimation.

Zuruf an Ministerin Raab

Vor diesem Hintergrund ist bis Anfang 2024 die ORF-Finanzierung auf neue Beine zu stellen, weil die derzeitige Regelung, wonach für das Streamen der ORF-Programme nichts bezahlt werden muss, als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Weißmanns dramatische Warnung darf also als Zuruf an die Politik - allen voran an Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) - verstanden werden. Raab ist für die Neuregelung zuständig, von ihr erhofft sich Weißmann Planungssicherheit, aber auch mehr Geld.

Als neue Finanzierungsmodelle kommen neben einer GIS-Gebühr auf streamingfähige Geräte auch eine sozial gestaffelte Haushaltsabgabe oder eine Budgetfinanzierung infrage. Letztere müsste als Beihilfe allerdings in Brüssel abgesegnet werden. Der ORF drängt daher auf eine politische Entscheidung bis spätestens März 2023, damit man im Jänner 2024 eine gültige Regelung hat.

Zuletzt sorgten die Grünen mit einer Volte für Verwunderung beim Koalitionspartner: Sie sind nun doch für eine Budgetfinanzierung - mit automatischer Inflationsanpassung und auf Basis einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, um die Unabhängigkeit des ORF zu sichern. In der ÖVP dürfte man hingegen nun doch eher geneigt sein, eine Haushaltsabgabe zu implementieren - was womöglich mit einer Kürzung der ORF-Mittel verbunden wäre. Dort hingegen heißt es, man brauche 700 Millionen Euro jährlich. Sonst stehen Streichungen von Leistungen im Raum. Man wird also nicht nur übers Geld reden müssen, sondern auch darüber, welchen Auftrag der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig eigentlich erfüllen soll.

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