Buch der Woche

Pulli aus hundert Prozent Echthaar

Von ihren Büchern geht Suchtgefahr aus: Sayaka Murata, geboren 1979.
Von ihren Büchern geht Suchtgefahr aus: Sayaka Murata, geboren 1979.(c) Bungeishunju Ltd/aufbau
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Zwölf neue Erzählungen gibt es von Sayaka Murata, mit denen sie zielsicher feine Nadelstiche in die Gehirne ihrer Leserschaft setzt. Die japanische Autorin löst mit wenigen Sätzen einen nachhaltigen Horror aus.

Von dieser Autorin könnte sich sogar Stephen King noch etwas abschauen. Zwar fließt bei Sayaka Murata kaum Blut, es werden auch keine überirdischen Mächte strapaziert oder Untote losgeschickt, aber der leise Horror, den die japanische Autorin mit wenigen Sätzen auslöst, ist umso stärker und wirkt nachhaltig.

Zwölf neue Erzählungen gibt es von ihr, wieder übertragen von Ursula Gräfe, der mehrfach ausgezeichneten Übersetzerin japanischer Literatur, unter anderem der Werke Haruki Murakamis. Nach den beiden Romanen „Die Ladenhüterin“ und „Das Seidenraupenzimmer“, die weltweit zu Bestsellern wurden, hat sich Murata nun der kleinen Form zugewandt und bohrt sich mit feinen und zielsicheren Nadelstichen in die Gehirne ihrer Leserschaft. Eines von Muratas Hauptthemen, das in der „Ladenhüterin“ schon anklingt, nämlich der Unwillen des Individuums, sich den starren Normen der schrumpfenden und überalterten japanischen Gesellschaft anzupassen, fand im „Seidenraupenzimmer“ seine gruselige Fortsetzung und erreicht nun im Erzählband „Zeremonie des Lebens“ eine weitere Eskalationsstufe. Mit unscheinbar-lapidaren Sätzen werden die ungeheuerlichsten Dinge erzählt.

Ein Vertrag zur Oberflächlichkeit

Beide Protagonistinnen besagter Romane verzichten auf die traditionelle Lebensführung mit früher Heirat. Um Familie und Bekannte zufriedenzustellen und den dauernden indiskreten Fragen bezüglich Babywunsch zu entgehen, lassen sie sich jeweils mit Männern ein, die genauso unwillig sind wie sie, zu heiraten und eine Familie zu gründen – Scheinbeziehungen, um den Schein zu wahren.

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