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ESG-Fonds droht Abstufung

Demnächst könnten 85 Mrd. Dollar Artikel-9-Fonds zu Artikel-8-Fonds herabgestuft werden.

Wien. Einige der weltgrößten Fondsmanager haben ihre Produkte aus der höchsten Nachhaltigkeits-Kategorie der EU herausgenommen und damit bei Kleinanlegern die Sorge ausgelöst, zuvor Opfer von Greenwashing geworden zu sein. Der Chef des wichtigsten Kleinanlegerverbands will das Thema nun mit Aufsichtsbehörden und Parlamentariern erörtern. „Wir brauchen klarere Leitlinien um sicherzustellen, dass wir nicht in die Irre geführt werden und uns keine grün gewaschenen Anlageprodukte verkauft werden“, sagte Guillaume Prache, Geschäftsführer von Better Finance.

Die Gruppe, die rund vier Millionen Kunden in 25 Ländern repräsentiert, habe Treffen mit der Europäischen Kommission und der Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) anberaumt. Unter anderem BlackRock, Amundi und Pimco planen ein Milliardenvolumen von so genannten Artikel-9-Fonds herabzustufen, die der höchsten ESG-Bewertung der EU entsprechen. Auslöser der Entscheidung waren neue Leitlinien der EU-Kommission zur Auslegung der Vorschriften. „Vermögensverwalter werden ihren Kunden erklären müssen, dass sie sich in einem unsicheren und sich schnell entwickelnden regulatorischen Umfeld bewegen“, sagt Hortense Bioy, Chefin des Bereichs Nachhaltigkeitsanalyse bei Morningstar Inc. „Die EU hat ein sehr ehrgeiziges, aber auch extrem komplexes Offenlegungsregime geschaffen.“

„Die Situation ist im Moment etwas chaotisch“, sagt Bioy. Die Analystin schätzt, dass weniger als fünf Prozent der Artikel-9-Fonds derzeit die EU-Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllen. Hunderte weiterer Fonds könnten somit herabgestuft werden müssen. Morningstar schätzt, dass in den kommenden Wochen und Monaten mindestens 85 Milliarden Dollar Artikel-9-Fonds zu Artikel-8-Fonds, herabgestuft werden und damit weniger strengen Vorschriften unterliegen.

Die EU fordert von Artikel-9-Fonds seit neuestem zu praktisch 100 Prozent nachhaltige Anlagen, was den Großteil der Branche vor den Kopf stößt. Einige Vermögensverwalter zögern indessen mit Neueinstufungen in der Hoffnung, dass Präzisierungen der Behörden es ihnen ermöglichen, die Einstufungen beizubehalten. Die Esma hat die Kommission gebeten zu klären, was sie unter einer „nachhaltigen Anlage“ versteht. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2022)

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