Erbrecht

Einmal im Monat telefonieren ist keine Lebensgemeinschaft

Eine Frau erhält aus dem Nachlass nichts, auch wenn sie im Testament des Verstorbenen als Alleinerbin eingesetzt worden war.

Wien. Früher, da hatten die beiden viel Zeit miteinander verbracht. Wenngleich sie in Tirol und er in Niederösterreich wohnte, lebte man die Hälfte des Jahres miteinander. Auch den leiblichen Gelüsten frönte man, wenngleich es nur etwa drei Mal zum Geschlechtsverkehr gekommen war. Eine tiefe seelische Verbundenheit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zeichnete aber das nicht mehr ganz junge Paar aus. Es ging so weit, dass der Mann seine Freundin als Alleinerbin ins Testament einsetzte.

Doch in den letzten Jahren verblasste der Kontakt. Nach dem Ableben des Mannes knüpften nun seine acht gesetzlichen Erben daran an und forderten, dass der Nachlass allein ihnen zukommen soll. Denn laut Gesetz verliert ein zugunsten eines Lebensgefährten verfasstes Testament seine Gültigkeit, wenn die Beziehung zu dieser Person vor dem Tod beendet war. Es sei denn, dass der Verstorbene ausdrücklich das Gegenteil angeordnet hat. Hat die Frau nun noch ein Erbrecht? Eine Frage, in der der Oberste Gerichtshof (OGH) die Vorinstanz korrigierte.

Schon seit den 1980er-Jahren hatte sich das Paar gekannt, als es 1997 die Beziehung eingegangen war. Bis in den Herbst 2012 blieb diese intensiv. Nach einer Knie-OP des Mannes fühlte sich die Frau aber mit seiner Pflege überfordert. Die Haushaltshilfe des Mannes organisierte eine 24-Stunden-Pflege für den Mann, die Frau kehrte nach Tirol zurück. Man telefonierte aber noch täglich miteinander. Ein halbes Jahr später sollte dann sie einen Schlaganfall erleiden. Danach telefonierte man teilweise gar nicht mehr miteinander, zuletzt aber doch wieder etwa einmal im Monat. Die Gespräche wurden wegen des geistigen Zustands des Mannes jedoch immer schwieriger. Persönlich sahen sich die beiden überhaupt nur noch einmal – im Jahr 2018 beim 80. Geburtstag des Mannes. Er erkannte sie erst nicht, später aber doch und freute sich dann über ihr Kommen. Im Folgejahr verstarb er.

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