Analyse

Die halbherzigen Besänftigungsversuche des iranischen Regimes

Präsident Raisi beriet am Wochenende mit Teilen des Regimes über eine „neue Auslegung“ der Verfassung.
Präsident Raisi beriet am Wochenende mit Teilen des Regimes über eine „neue Auslegung“ der Verfassung. (c) IMAGO/APAimages
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Vertreter der Führung versprechen Abschaffung der Religionspolizei. Doch die Opposition bleibt skeptisch.

Istanbul/Teheran. Irans Regime hat zum ersten Mal seit Ausbruch der landesweiten Proteste im September die Bereitschaft angekündigt, eine Hauptforderung der Demonstranten zu erfüllen: Die Generalstaatsanwaltschaft gab am Wochenende die Auflösung der Religionspolizei bekannt, die den Kopftuchzwang für Frauen durchsetzen soll. Präsident Ebrahim Raisi zeigte sich ebenfalls bereit zu Reformen. Die Verhaftung von Regierungsgegnern ging jedoch weiter. Aktivisten sehen die Reformversprechen deshalb nicht als ernsthaftes Signal der Veränderung, sondern als Versuch des Regimes, der Protestbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Im Iran müssen Frauen seit 1983 in der Öffentlichkeit ihr Haar bedecken. Die Religionspolizei soll darauf achten, dass die Frauen sich daran halten. Der Hardliner Raisi hatte die Sittenwächter nach seiner Wahl ins Präsidentenamt 2021 dazu aufgerufen, bei der Umsetzung der Vorschrift hart durchzugreifen. Im September nahmen Religionspolizisten in Teheran die 22-jährige Jina Mahsa Amini fest, weil ihr Kopftuch angeblich nicht den Vorschriften entsprach. Wenige Tage später starb sie in der Gewalt der Sittenwächter. Das Schicksal der jungen Frau löste die Proteste aus, die seitdem die Islamische Republik erschüttern.

Neue Welle an Protestaktionen

Millionen Iranerinnen und Iraner fordern nicht nur ein Ende des Kopftuchzwangs, sondern den Sturz des Regimes. Raisi und sein Chef, Revolutionsführer Ali Khamenei, werfen dem westlichen Ausland vor, die Demonstranten anzustacheln. Polizei und Regime-Milizen setzen Schlagstöcke, Tränengas und scharfe Munition ein, um die Proteste niederzuschlagen; die Revolutionsgarden schickten schwer bewaffnete Einheiten in die kurdische Heimatregion von Amini. Laut Menschenrechtlern sind bisher mehr als 400 Menschen ums Leben gekommen.

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