Morgenglosse

Die perfiden Bestechungstricks der iranischen Führung

Protest gegen Irans Regime bei der Fußball-WM in Qatar.
Protest gegen Irans Regime bei der Fußball-WM in Qatar.REUTERS
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Weil sie unter Druck stehen, deuten die Herrscher der Islamischen Republik Verbesserungen an. Doch das Regime hat keineswegs vor, sich selber wegzureformieren.

Sie denken gar nicht daran, aufzugeben. Im Gegenteil: Mit Streiks, Großkundgebungen und anderen Aktionen wollen Irans Protestgruppen ab Montag den Druck weiter erhöhen. Vorerst drei Tage lang soll diese neue Welle des Widerstands über das ganze Land schwappen.

Seit Wochen zieht das Regime alle Register, um der Proteste Herr zu werden. Es hat versucht, die Demonstrationen als „gefährlichen kurdischen Aufstand“ darzustellen, an dem sich doch aufrechte Patriotinnen und Patrioten nicht beteiligen dürften. Doch diese Propaganda verfing nicht. Nicht nur in den von Kurden bewohnten Gebieten des Iran gehen seit September Zehntausende auf die Straße, um gegen den gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini zu demonstrieren, der 22-jährigen Kurdin, die in den Fängen der Religionspolizei ums Leben gekommen ist. Auch in der Hauptstadt Teheran und allen Teilen des Landes schreien Iranerinnen und Iraner nach Freiheit und Gerechtigkeit, egal ob sie Perser, Kurden oder Angehörige anderer Volksgruppen sind.

Vier Jahrzehnte Gewaltherrschaft

Das Regime schickt seine Schlägertrupps auf die Straßen Teherans und anderer Metropolen, entsendet Panzer in kurdische Städte und lässt seine Unrechtsjustiz Todesurteile gegen Demonstranten fällen. Gewalt ist eine Methode, mit der die Herrscher über die sogenannte Islamische Republik schon seit ihrer Machtübernahme vor vier Jahrzehnten regieren.

Und nun versuchen sie es auch mit Bestechung. Vertreter des Regimes ködern die Menschen mit dem Versprechen, Reformen durchzuführen. Sie reden von einer angeblichen Abschaffung der verhassten Religionspolizei oder einer möglichen Neuinterpretation der Bestimmung, dass Frauen ein Kopftuch tragen müssen. Die Mullahs zeigen damit Schwäche. Doch wie weit könnten sie bei Reformen gehen?

Warum sollen Geistliche ein Land führen?

Das rigide System des schiitischen „Gottesstaates“ fußt auf einer starken Ideologie seiner Anhänger. Je mehr seiner strengen Gesetze sie aufheben, desto lauter wird wohl auch die Frage werden, warum überhaupt Geistliche ein Land führen müssen.

Und sollte die geistliche Elite tatsächlich etwas von ihrer Macht abgeben, würde damit noch nicht die Zeit der Freiheit anbrechen. Denn hohe Offiziere aus den Revolutionsgarden und dem Militär stehen schon bereit, um die diktatorische Ordnung notfalls in einer abgeänderten Form aufrechtzuerhalten. Die Regierenden und alle die Nutznießer der Herrschaftsstrukturen denken gar nicht daran, sich selber wegzureformieren.

Viele Demonstrantinnen und Demonstranten wollen aber weit mehr als nur kosmetische Veränderungen. Sie hoffen, dass ihre Welle des Widerstands weiter anschwillt und früher oder später das ganze System der Unterdrückung hinwegspült.

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