Maßnahmenpaket

Gewessler will Autos von "extremen Rasern" künftig versteigern

"Mit 110 in der 30er-Zone, mit 250 auf der Autobahn wird das Auto zur Waffe", hielt Gewessler bereits im Vorjahr fest.
"Mit 110 in der 30er-Zone, mit 250 auf der Autobahn wird das Auto zur Waffe", hielt Gewessler bereits im Vorjahr fest.IMAGO/SEPA.Media
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2021 wurden die Maßnahmen gegen "extreme Raser“ bereits einmal verschärft, nun soll nochmals nachgebessert werden. Neben den bereits erhöhten Strafen könnten künftig auch die Autos der Täter eingezogen werden.

Leonore Gewessler (Grüne) präsentiert weitere Verschärfungen der Maßnahmen gegen „extreme Raser“. Das sind laut der Verkehrsministerin „einige, wenige unbelehrbare Wiederholungstäter, die mit ihrem Verhalten Menschenleben gefährden". Mit 110 km/h in der 30er-Zone, mit 250 auf der Autobahn werde das Auto zur Waffe, erläuterte Gewessler bereits im Vorjahr. Auch Experten sehen Indizien, dass die Aggressivität im Straßenverkehr während der Coronapandemie zugenommen habe.

Das Thema lasse ihr keine Ruhe, verkündet die Verkehrsministerin am Montag einleitend. Besonders der Fall einer Mutter, die ihre Tochter durch einen Unfall mit einem Raser verloren habe, habe sie sehr berührt. Dieses Beispiel habe zu der Einsicht geführt, dass die aktuellen Regelungen nicht ausreichend seien. Mit der Novelle werde es künftig möglich sein, die Fahrzeuge von Rasern zu beschlagnahmen. Es gebe „einige, wenige“ Menschen, denen man „die Tatwaffe aus der Hand nehmen müsse“, meint die Klimaministerin. Denn: „Wer kein Auto mehr hat, kann nicht mehr rasen“. „Extreme Raserei“ sei lebensgefährlich. Auch Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger (ÖVP) kritisierte das Verhalten der sogenannten „Roadrunner Szene“ scharf.

Dreistufiges Verfahren zur Beschlagnahmung

Die künftige Beschlagnahmung eines Fahrzeugs ist als dreistufiges Verfahren vorgesehen. Bei Übertreten von mehr als 60 km/h im Ortsgebiet und mehr als 70 km/h auf der Autobahn ist vorläufig der Führerschein weg und das Auto wird für zwei Wochen beschlagnahmt. In dieser Zeit wird der Sachverhalt durch die Behörden überprüft. Ist die Person bereits im Vorfeld durch Raserei straffällig geworden oder das Erstvergehen besonders schwer, kann das Auto künftig versteigert werden. Bei einer Übertretung von mehr als 80 km/h im Ortsgebiet und mehr als 90 km/h außerhalb kann der Verfall des Fahrzeugs bereits beim ersten Mal eingeleitet werden.

Was aber passiert, wenn das Auto nicht dem Raser gehört? Die Eigentumsrechte von Dritten können auch in diesem Fall nicht beschnitten werden, das Fahrzeug kann aber dennoch beschlagnahmt werden. Die Lenkberechtigung kann aber genau wie bei einem Vergehen mit dem eigenen Fahrzeug entzogen werden.

Die Novelle wird nun zur sechswöchigen Begutachtung eingereicht, die Verhandlungen sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. In Kraft treten soll die Regelung Mitte nächsten Jahres. Auf die Frage, ob die Regelung ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem autofreien Österreich ist, antwortet die Ministerin, dass man auch in den kommenden Jahren noch Autofahren werde. Der Umgang mit der Mobilität werde sich jedoch ändern. So sei die Geschwindigkeit etwa bereits auf vielen Streckenabschnitten begrenzt.

„Legistisch nicht leicht umzusetzen"

2021 hatte das Klimaschutzministerium ein „Maßnahmenpaket für extreme Raserei“ präsentiert. Die Strafen für Raser wurden erhöht, die Beteiligung an illegalen Straßenrennen als neues Delikt eingezogen. Auch die Führerscheinentzugsdauer wurde auf mindestens sechs Monate verdoppelt. Im Mai dieses Jahres folgte der zweite Teil des Raser-Pakets: Die Höchststrafe wurde auf 10.000 Euro verdoppelt.

Jetzt soll nochmals nachgebessert werden. Die neuen Regelungen seien „legistisch nicht sehr leicht umzusetzen, man sei aber auf einem guten Weg“, verkündete Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger im Vorfeld. Verwiesen wurde darauf, dass mit der Novelle des Kraftfahrgesetzes Autos der Tuning-Szene bis zu 72 Stunden durch die Exekutive stillgelegt werden können, etwa bei Drifts oder anderen gefährlichen Manövern.

Just am Tag der Verkündung der neuen Maßnahmen hat es in Österreich erneut zwei Fälle von „extremer Raserei" gegeben. Ein Tiroler wurde mit fast 200 km/h auf der Autobahn angehalten, eine Zivilstreife nahm dem Mann den Führerschein ab. In Niederösterreich wurde indes auch am Montag eine 20-jährige Probeführerscheinbesitzerin aufgegriffen. Sie war 102 km/h im Ortsgebiet gefahren.

Kritik von ÖAMTC und ARBÖ

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) begrüßte am Montag die Ermöglichung der Auto-Beschlagnahme für Extrem-Raser. Jedoch ist aus Sicht des VCÖ die Grenze, ab der das Fahrzeug beschlagnahmt werden kann, zu hoch angesetzt. Der VCÖ fordert, dass ein Teil der Einnahmen aus der Versteigerung beschlagnahmter Fahrzeuge für Gemeinden zur Finanzierung von Discobussen und Anrufsammeltaxis zweckgewidmet werden. Auch Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) begrüßte die Anti-Raser-Maßnahmen des Bundes. Sima forderte aber darüber hinausgehende Maßnahmen, um Roadrunnern Einhalt zu gebieten.

Kritik an der angekündigten Gesetzesänderung übt der ARBÖ. Diese könne demnach zu "unverhältnismäßiger Bestrafung führen". "Die Beschlagnahmung ist als Strafe zu werten. Daher zahlt jemand, dessen 1000-Euro-Fahrzeug beschlagnahmt wird, eigentlich viel weniger Strafe als jemand, der sein 100.000 Euro-Auto abgeben muss", meinte Generalsekretär Gerald Kumnig. Zusätzlich zum Problem mit unterschiedlichen Strafhöhen sieht der ARBÖ auch Herausforderungen bei Leasing- oder Leihfahrzeugen. "Und letztlich wird sich jeder sehr gut überlegen, ob er sein Fahrzeug im privaten Umfeld verborgen möchte, wenn es möglicherweise nicht mehr zurückkommt", meinte Kumnig.

Der ÖAMTC sieht einen Zugriff auf fremdes Eigentum "klar verfassungswidrig". Wir glauben daher, dass eine grundlegende Überarbeitung notwendig werden wird, denn eine Verwaltungsbehörde wird diese neuen Vorgaben eventuell ressourcentechnisch nur schwer umsetzen können", meinte Martin Hoffer, Leiter der Rechtsdienste. Er ortete außerdem Kapazitätsprobleme bei der Überwachung der Roadrunner-Szene. "Kontrollen sind entscheidend", sagte Hoffer. Der ÖAMTC verwies außerdem darauf, dass in Nachbarländern wie der Schweiz oder Deutschland Beschlagnahmen von Fahrzeugen mit Gerichtszuständigkeit und der Verpflichtung, den Veräußerungserlös, der die Strafdrohung übersteigt, an den Besitzer zurückzuzahlen, durchgeführt werden.

(vahei/APA)

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