Umfrage

Hat die Freunderlwirtschaft ausgedient?

Einen persönlichen Nutzen aus einer leitenden Funktion zu ziehen, wird von den Jungen verpönt. Je nach Wirkungsbereich kann es sogar dazu führen, an Attraktivität zu verlieren.

Es fängt nicht erst bei der Gehaltserhöhung an: gute Kontakte am Arbeitsplatz dafür zu nutzen, bessere Einstiegschancen zu haben oder eine hochrangige Position zu erlangen, ist - auch in Österreich - keine Seltenheit. Zu diesem Schluss kommt auch die Anti-Korruptionsorganisation TI (Transparency International) und zeigt im Global Corruption Barometer 2020 unter 40.600 Befragten in 27 EU-Ländern: Rund ein Drittel der Menschen geht davon aus, dass die Korruption in ihrem Land zunimmt.

Aus österreichischer Sicht falle dabei vor allem auf, dass fast zehn Prozent der Bevölkerung, die eine öffentliche Dienstleistung in Anspruch genommen hat, auch bereit war, dafür Bestechungsgelder auszuzahlen. Damit liegt Österreich über dem EU-Durchschnitt von sieben Prozent.

Doch Bestechung ist nicht die einzige Form von Korruption. So ist auch die weit verbreitete „Freunderlwirtschaft“ in Österreich allgemein bekannt. Dabei handelt es sich unter anderem darum, persönliche Kontakte zu nutzen, um einfachere Zugangschancen, Arbeitsbedingungen, und Aufstiegschancen im Job zu erhalten. 40 Prozent der Befragten haben bereits Erfahrung damit gemacht, persönliche Netzwerke auf diese Weise missbraucht zu haben. Auch in diese Kategorie liegt der heimische Durchschnitt über jenem der anderen EU-Mitgliedstaaten (33 Prozent).

Transparenz und Fairness wird wichtiger

Insbesondere bei den Neuankömmlingen am Arbeitsmarkt zeige sich jedoch ein gesteigertes Bewusstsein dafür, zeigt die aktuelle karriere.at-Umfrage unter 501 erwerbsfähigen Personen und 810 Unternehmensvertretern in Österreich. Für neun von zehn Arbeitnehmende spiele ein korrektes und integres Verhalten der Führungskräfte eine Rolle bei der Bewertung von potenziellen Arbeitgebern. Für die Hälfte der Befragten sei die fehlende Integrität sogar Grund genug, sich gar nicht erst zu bewerben.

Dabei wird die soziale Verantwortung großgeschrieben: Achtet ein Unternehmen etwa nicht auf Chancengleichheit und Diversität, spricht das für ein Viertel der Befragten gegen eine Bewerbung. 17 Prozent würden den Job ablehnen, wenn keine Aktionen in Richtung Nachhaltigkeit gesetzt werden. Umgekehrt wiederum betrachten zwei Drittel nachhaltige Initiativen und das Übernehmen sozialer Verantwortung als einen ansprechenden Benefit für Mitarbeitende.

„Menschen möchten in Unternehmen arbeiten, die ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen. Das betrifft den ökologischen Fußabdruck, den Umgang mit Minderheiten und die Führungskultur im Unternehmen“, sagt karriere.at-CEO Georg Konjovic.

Verhaltenskodex vergeblich gesucht

Auf Unternehmensseite fehle es oft an festgeschriebenen Verhaltensgrundsätzen. Von den Unternehmensvertretungen gab die Hälfte an, keinen Verhaltenskodex zu haben, der für Mitarbeitende und externe Partner gilt. Etwa ein Drittel kommuniziere Werte auf den Karriereseiten und nur rund ein Viertel in Stelleninseraten.

Dies sei erstaunlich, sagt Andrea Pilecky, rosa elefant OG-CEO, da sich jedes Unternehmen mit Compliance befassen müsse. Denn: „Die Notwendigkeit ergibt sich nicht nur aus den gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen. Eine transparente und glaubwürdige Auseinandersetzung ist auch erforderlich, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.“

(red/est)

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