Weihnachtsfilm

Das problematische Frauenbild in "Tatsächlich... Liebe"

LOVE ACTUALLY, Andrew Lincoln, Keira Knightley, 2003, (c) Universal/courtesy Everett Collection Universal/Courtesy Evere
LOVE ACTUALLY, Andrew Lincoln, Keira Knightley, 2003, (c) Universal/courtesy Everett Collection Universal/Courtesy Evere(c) imago images/Everett Collection (Universal/Courtesy Everett Colle)
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Um den Weihnachtsklassiker „Love, Actually“ ist eine Debatte entbrannt und auch der Regisseur gibt zu: Der Film fühle sich „veraltet“ an.

Seit „Love, Actually“, zu Deutsch „Tatsächlich... Liebe“, vor bald 20 Jahren ins Kino kam, hat sich der Episodenfilm zum Weihnachtsklassiker entwickelt. Verlässlich läuft er jedes Jahr rund um die Weihnachtsfeiertage im Fernsehen und Kinos zeigen ihn weltweit auf der großen Leinwand (im Wiener Haydn Kino am 7., 11. und 18. Dezember). Doch zunehmend wird Kritik an der romantischen Komödie laut. Dass das Ensemble heute nicht mehr zeitgemäß sei, gab auch Regisseur Richard Curtis vor Kurzem in einem Special für den Sender ABC zu. „Mein Film fühlt sich zwangsläufig in manchen Momenten veraltet an“, sagte Curtis. „Der Mangel an Diversität ist mir unangenehm und ein bisschen dämlich.“

Nur eine der über 20 Hauptfiguren ist schwarz. Alle der gezeigten Liebesbeziehungen sind heterosexuell. Zwar wurde eine lesbische Liebesszene gedreht, aber sie wurde aus dem Film geschnitten. Über die Frauenfiguren sagte der Regisseur nichts, dabei gibt es gerade an ihrer Darstellung Kritik. „Regressiv und bis zu einem gewissen Grad frauenfeindlich“, findet etwa US-Autorin und Bloggerin Carey Purcell die Komödie. Sie bemängelt besonders das Machtgefälle zwischen den dargestellten Frauen und Männern.

In gleich drei der neun Geschichten ist das überdeutlich: So verliebt sich der Schriftsteller Jamie (Colin Firth) in seine Angestellte, die Haushälterin Aurelia (Lucia Moniz). Der britische Premierminister David (Hugh Grant) verliebt sich ebenfalls in seine Haushälterin, Natalie (Martine McCutcheon), die sich übrigens ständig negative Kommentare über ihr Gewicht anhören muss. Harry (Alan Rickman) flirtet heftig mit seiner Sekretärin Mia (Heike Makatsch) und kauft ihr eine Halskette, die von seiner Frau Karen (Emma Thompson) entdeckt wird. „Alle diese Beziehungen porträtieren Männer in Machtpositionen und Frauen, die ihnen dienen“, merkt Purcell an.

Hugh Grant & Martine Mccutcheon Characters: The Prime Minister & Natalie Film: Love Actually (USA/UK/FR 2003) Director:
Hugh Grant & Martine Mccutcheon Characters: The Prime Minister & Natalie Film: Love Actually (USA/UK/FR 2003) Director:(c) imago images/Mary Evans (Rights Managed via www.imago-ima)

Die vielleicht bekannteste Szene aus dem Film ist jene zwischen Mark (Andrew Lincoln) und Juliet (Keira Knightley): Sie ist mit seinem besten Freund verheiratet, Mark heimlich verliebt in sie. Im restlichen Film ist er eher abweisend zu ihr und bemüht sich auch nicht, sie kennenzulernen. Dann gesteht er seine Gefühle, indem er sich als Sternsinger ausgibt und sie mit einem selbst gemalten Liebesbekenntnis auf Pappschildern überrascht und sie belohnt ihn mit einem Kuss.

Wie Mark Juliet überrumpelt und wie Juliet darauf reagiert, sei eine Grenzüberschreitung, die hier normalisiert werde, meint der „Spiegel“: „Die Männer sind übergriffig, respektieren die Grenzen der Frauen nicht und objektifizieren sie. Zu ihrem Glück sind ihre weiblichen Gegenparts genauso unreflektiert wie sie selbst, denn sie legen ihnen ihr Verhalten als romantisch aus.“

Sein Mitbringsel: eine Frau

An Satire grenzt die Geschichte von Colin (Kris Marshall): Bei Frauen kommt er nicht gut an, aber er überdenkt sein Verhalten nicht, sondern zieht in die USA – wo er sofort auf sexuell willige junge Frauen trifft, die begeistert sind von seinem britischen Akzent. Zwei davon kommen mit zurück nach London, eine ist das Mitbringsel für seinen besten Freund. Der Film „behandelt Frauen wie Spielfiguren in einer männlichen Fantasiewelt“, schreibt Redakteurin Holly Williams im britischen „Independent“.

Schlecht schneidet „Tatsächlich... Liebe“ auch im sogenannten Bechdel-Test ab, bei dem drei Kriterien erfüllt werden müssen: Es müssen erstens mindestens zwei Frauen vorkommen, die zweitens echte Gespräche miteinander führen, und zwar drittens nicht nur über Männer. Ganze 15 Sekunden dauert im Episodenfilm ein solches Gespräch: Karen (Emma Thompson) und ihre Tochter Daisy reden darin über das Krippenspiel.

Kein Happy End für die mutige Frau

Als Karen und ihr Ehemann am Weihnachtsabend alleine sind, spricht sie ihn direkt auf seinen Flirt mit seiner Sekretärin an. Die Figur sei „sympathisch, mutig und bewundernswert“, schreibt Bloggerin Purcell. Karen ist aber die Einzige, die in der Montage am Ende des Filmes traurig schaut. Was bei der „Independent“-Redakteurin einen besonders bitteren Nachgeschmack hinterlässt: „Die Botschaft des Films scheint die zu sein: Nur Frauen, die sexy sind und ihre Männer glücklich machen, bekommen ein Happy End.“

>> Inteview mit dem Regisseur

>> Bericht im „Independent"

>> Blogeintrag von Carey Purcell

>> Bericht im „Spiegel"

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