WM-Achtelfinale

"Eine marokkanische Wand": Der WM-Gipfel der Einfallslosigkeit

APA/AFP/GLYN KIRK
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Nicht einmal im Elfmeterschießen treffen die spanischen Ballkünstler ins Tor. Marokko ist zur Stelle – und feiert die Sensation.

Al Rayyan. Es ist die härteste Prüfung in diesem Sport: ein Gegner, der einfach nicht Fußball spielen will. Und so rannten die spanischen Favoriten an, 120 Minuten lang, gegen zehn am eigenen Strafraum verteidigende und in ihrer Destruktivität hoch disziplinierte Marokkaner. Ja nicht einmal im entscheidenden Elfmeterschießen brachte Spanien den Ball im gegnerischen Tor unter – unglücklich oder unverdient ist das überraschende Achtelfinal-Aus alleine schon deswegen nicht. Das denkwürdige Resultat am Ende: 0:3 im Elfmeterschießen.

Eine WM lebt von den Sensationen, wenn Außenseiter die Titelfavoriten verabschieden. Doch dieses Mal sind es die Spanier selbst, die an ihrer Ideenlosigkeit gescheitert sind. Den hochgelobten Kreativ-Stars Gavi und Pedri fiel nichts ein, von Dani Olmo oder Ferran Torres kamen keine Dribblings, Teamchef Luis Enrique gab dem Spiel keine Impulse. Selbst als Spaniens Mittelstürmer Álvaro Morata in Minute 63 kam, brachte er kein Plus an Durchschlagskraft. Kapitän Sergio Busquets meinte: „Das war eine marokkanische Wand. Es wurde von Minute zu Minute schwieriger.“

Tatsächlich hatte der marokkanische Abwehrriegel mit allen Mitteln gearbeitet, der Schiedsrichter einiges durchgehen lassen. Dass Marokko überhaupt nur einen nennenswerten Torschuss abgab, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Mehr wollte es aber auch gar nicht, hätte Walid Cheddira ein wenig besser gezielt, es hätte schließlich schon gereicht.

Der tragische Mann des Abends ist nun Pablo Sarabia. Der eingewechselte Spanier schoss in der letzten Minute der Verlängerung an die Stange – und dann im Elfmeterschießen gleich noch einmal. Dabei war es sogar noch der beste von den drei vergebenen Penalty-Versuchen der Iberer. Selten hat sich eine Mannschaft vom Elfmeterpunkt so nervenschwach präsentiert. Bezeichnend für all das: Marokko-Tormann Yassine Bounou, als Elfmeter-Killer nun der Aufstiegs-Held, hätte mit seinen Unsicherheiten und seiner Fehlpassorgie die marokkanische Catenaccio-Taktik beinah schon in den ersten Minuten ad absurdum geführt.

„Ich denke, Fußball ist ein wundervoller Sport. Aber mit dem einen Vorbehalt, dass eine Mannschaft gewinnen kann ohne anzugreifen“, meinte Spanien-Teamchef Luis Enrique. Seine Zukunft nach dieser WM, die nach dem furiosen 7:0 zum Auftakt gegen Costa Rica zur Enttäuschung wurde (Remis gegen Deutschland, Niederlagen gegen Japan und nun Marokko), ließ er offen. Zum dritten Mal in Folge scheiterte Spanien bei einer Endrunde im Elfmeterschießen.

Und Marokko? Steht in seinem ersten WM-Viertelfinale. Teamchef Walid Regragui: „Wir können nicht Weltmeister werden. Aber wir haben unglaublich viel Energie und Herz.“

(joe)

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