Wertfragen

Körperscanner im Museum? Versicherer nach Klimaaktionen nervös

Auch in Wien gab es eine aufsehenerregende Aktion: Im November überschüttete ein junger Mann im Leopold Museum ein verglastes Hauptwerk Klimts.
Auch in Wien gab es eine aufsehenerregende Aktion: Im November überschüttete ein junger Mann im Leopold Museum ein verglastes Hauptwerk Klimts. (c) Letzte Generation Oesterreich
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Die Aktionen von Klimaschützern lösen eine Debatte um mehr Schutz für Kunstwerke aus. Sicherheitsschleusen werden kommen, sagt ein Experte.

Die umstrittenen Protestaktionen von Klimaschützern haben unter Museen und Versicherern eine Debatte um bessere Schutzmaßnahmen für Kunstwerke ausgelöst. Seit Monaten sorgen die Festklebeaktionen und Würfe von Kartoffelbrei und Tomatensoße auf wertvolle Objekte in Museen mehrerer Städte für Diskussionsstoff. Gemessen am enormen Wert der Werke blieben die monetären Schäden zwar bisher relativ gering - doch betroffene Häuser zeigten sich schockiert.

Viele Museen stellen sich die bange Frage: Bleibt es dabei? Und wie lässt sich ein besserer Schutz der Werke umsetzen, ohne dass der Kunstgenuss leidet? Der Versicherungskonzern Allianz, der auch zu den größten Kunstversicherern in Deutschland gehört, steht nach der Serie von Vorfällen bereits mit mehr als der Hälfte seiner Kunden im Austausch. Eine mittlere zweistellige Zahl an Museen sind bei dem Unternehmen oder bei Konsortien mit der Allianz versichert, denn in den Häusern sind derart hohe Werte versammelt, dass ein Versicherer alleine die Haftung gar nicht stemmen könnte. Derzeit wollten viele Häuser ihre Risiken einschätzen und mögliche Gegenmaßnahmen besprechen, wie Eric Wolzenburg, Leiter Kunstversicherung bei der Allianz Versicherungs-AG, berichtete.

Zentimeterdickes Panzerglas funktioniert nicht

Er ist davon überzeugt, dass es in vielen großen Kunstmuseen künftig Sicherheitsschleusen wie an Flughäfen geben wird - mit einer Durchleuchtung von Taschen und Rucksäcken, Körperscannern und Mitnahmeverboten für spitze und scharfe Gegenstände oder Flüssigkeiten. In vielen Museen müssen die Besucher derzeit Jacken und Taschen (aus gegebenem Anlass) am Einlass abgeben. Neben solchen Maßnahmen wird auch der Ruf nach mehr Aufsichtspersonal für die Museen laut.

Den Versicherern komme eine "konservatorische Mitverantwortung" zu, sagt Allianz-Manager Wolzenburg. Wenn ein Unikat unrettbar beschädigt werde, könne schließlich kein Geld der Welt und auch keine Versicherungssumme es wieder herstellen. Ziel sei, Werke präsentieren zu können mit möglichst wenig, aber wirkungsvoller Sicherung, die das Kunsterlebnis barrierefrei ermöglicht und zugleich Schäden abwendet. "Zentimeterdickes Panzerglas und dann noch ein Käfig aus Metallstäben und vielleicht noch eine weitere Sicherheitseinrichtung - das funktioniert nicht", sagt Wolzenburg.

Der Wert der Kunst gegen die Lebensgrundlagen

Aus seinen Gesprächen erfahre er, dass die radikalen Aktionen der Klimaschützer sowohl von den Museen, aber auch von allen Kultur- und Kunstliebhabern strikt abgelehnt würden. "Ich habe kein Problem mit der Kernbotschaft der Klimaaktivisten, dass wir uns beeilen müssen, um das 1,5-Grad-Ziel noch sinnvoll zu erreichen, aber dass Kunst willentlich beschädigt wird, das ist nicht in Ordnung." Die Gruppe "Letzte Generation" handele zum Schaden der Kunst und nutze diese "als Katalysator", um ihre Ziele und Botschaften in die Öffentlichkeit zu bringen. "Da wurde eine Grenze überschritten", sagt Wolzenburg.

Ein Sprecher der Klimaprotest-Gruppe "Letzte Generation" hält die Kritik an den Aktionen angesichts der zu befürchtenden Folgen der Klimakatastrophe für unangemessen. "Worüber reden wir und empören wir uns - dass etwas auf ein Bild geflogen ist oder darüber, dass uns die Lebensgrundlagen schlicht genommen werden", sagte er. Die Bundesregierung leugne mittlerweile gar nicht mehr, dass Deutschland seine Klimaziele nicht einhalten könne. Zu befürchten seien Hungersnöte und Bürgerkriege. Die Krise sei "allumfassend" und bedrohe letztlich auch die Kunst, sagte der Sprecher. Die Gesellschaft müsse deshalb zusammenkommen und entscheiden: "Gehen wir weiter diesen todbringenden Weg oder setzen wir uns zusammen und bauen was Neues auf?"

(APA/dpa)

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