Geschmacksfrage

Lokalkritik: Das Glück liegt in der Roten Rübe

Unser Leben vor vier Jahren: Gaumen- und Seelentröstung im C.O.P. von Gastro-Wirbelwind Haya Molcho.

Haya Molcho wirbelt durchs Lokal, mehr fürsorgliche Gastgeberin als Restaurantchefin. Premierenstimmung liegt noch in der Luft, es ist der zweite Tag, an dem geöffnet ist. Vier Jahre habe es bis hierher gebraucht, erzählt die Gastronomin; längst schon sollte der Betrieb laufen, oftmals wurde verschoben ...

C.O.P. von Haya Molcho
C.O.P. von Haya Molchobeigestellt

Molchos wegwerfende Handbewegung will sagen: Das liegt jetzt hinter uns. Hm, vor vier Jahren. Da lauerte einiges an Schlamassel noch hinterm Berg. Unser früheres Leben, ein dankbares Thema zum Sinnieren. Aber die Aufmerksamkeit gehört ganz der interessanten Speisekarte des C.O.P. Das steht für Collection of Produce und gibt das Motto vor: minimalinvasive Behandlung hochwertiger, mit Umsicht zusammengetragener Produkte vom Ostsee-Hering bis zum Butcher Steak, Richtung Ottolenghi, wenn man ein zielführendes Geschmacksbild aufrufen will. Das Kollektiv der Lieferanten ist auf der Rückseite verzeichnet, quasi weiterführende Foodie-Literatur.

Bestellt wird in drei Blöcken nach Tapas-Art, weshalb es schnell eng wird auf dem angenehm beleuchteten Tisch. Wir ließen auffahren: Sauerteigbrot & braune Butter, Ortiz Oro Anchovis, gebrannte Rote Rübe, eingelegten Chicorée & Labneh, Markknochen mit schwarzen Walnüssen und als Hauptakt erwähntes Butcher Steak in ( Ja, aber-)Pfeffersauce und sautierte Calamari mit Grünkohl-Polenta und Tomaten vom letzten Sommer. Im Wiederholungsfall würden die Hühnerleber-Paté und der gegrillte Brokkoli, am Nachbartisch zum Dacapo gerufen, nicht fehlen. Aber es herrscht auch so schon ein fröhliches Gedränge der Farben, Texturen und Aromen; eingefangen, ergattert durch gezielte Gabel-Manöver im höflichen Wettstreit mit dem Gegenüber.

Das Glück kann schon in einer Roten Rübe liegen, im C.O.P. vielleicht jenes Gericht, das den geschmacklichen Bogen am eindrucksvollsten spannt. Da werden Eindrücke in der Tiefe der Erinnerung gestreichelt, Erfahrungen von Ursprünglichkeit und inniger Empfindung ... – issjagut, wir reden nur von Essen. Elihay Berliner steht als Küchenchef dem C.O.P. vor, er waltet mit Achtsamkeit und Können über den imposanten Holzofen, der das Wahrzeichen des Lokals ist. Bereitwillig erläutert er Zubereitung und Kniffe von diesem und jenem, da ist keine Alchemie im Spiel, das ist im Grunde bodenständig, ja einfach: ein Fest eher der Zutaten als eines Küchenmaestros.

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