Netflix-Dokumentation

Harry und Meghans orchestrierte Reality-Show?

(c) © 2022 Prince Harry and Meghan, The Duke and Duchess of Sussex
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In „Harry & Meghan“ inszeniert sich das ausgewanderte royale Traumpaar als Instagram-Paar mit philanthropischem Anspruch. Etwas Neues erzählen sie dabei nicht, heftige Reaktionen gibt es trotzdem.

Social Media sei Dank kann heutzutage wirklich jede und jeder „seine eigene Geschichte“  erzählen. Verpixelte Selfies vom ersten Date, Polaroidaufnahmen vom gemeinsamen Urlaub, „lustiges“ Posen im Fotoautomaten: Auf Instagram findet man unzählige solcher wenig origineller Paar-Narrative, vom Kennenlernen bis hin zur Verlobung, die dort – je nachdem – auf mäßiges bis reges Interesse stoßen. Recht interessant wird es allerdings, wenn jene, denen eigentlich ganz andere Erzählformate, nämlich Pressekonferenzen, Palastporträts und BBC-Interviews, vorbehalten sind, neidvoll auf die Deutungshoheit dieser Selbstinszenierung blicken. Und so haben die abtrünnigen britischen Royals, Prinz Harry und Meghan, entschieden, „ihre Geschichte“, im Gegensatz zur „orchestrated reality show“, als die sie ihre Jahre im Palast empfinden, genau mit diesen Stilmitteln zu erzählen.

Ganz so simpel ist es freilich nicht – denn während Hinz und Kunz ihre Selfies auf Instagram posten, bekommen „H“ und „M“, wie sich die beiden nennen, eine mehrstündige Doku-Serie auf Netflix, die den beiden und ihrem Medienunternehmen Archewell viel Geld einbrachte.

Institution und Medien

In „ihrer“ Liebesgeschichte findet das Paar trotz der zwei großen im Hintergrund agierenden Antagonisten zueinander: „The institution“, also der britische Königspalast samt Royal Familiy, und „the media“, genauer genommen der als übergriffig bekannte britische Boulevard. Das wird wie folgt argumentiert: Erstens, Großbritannien habe ein Rassismusproblem. Dazu reicht freilich ein ungenauer Blick auf die fernere Kolonialgeschichte und die jüngere Antimigrationsdebatte des Landes.

Und zweitens: Die königliche Familie und besagter Boulevard pflegen eine für beide Seiten profitable Symbiose. Harry, geprägt von der Geschichte seiner Mutter, Lady Diana, und somit von klein an Opfer und Profiteur dieses Systems zugleich, wäre nun mit der amerikanischen Meghan Markle an seiner Seite, Tochter eines weißen Vaters und einer schwarzen Mutter, angetreten, um die weniger repräsentierten Bevölkerungsteile Großbritanniens mit der rassistischen Kolonialgeschichte ihrer Königsfamilie auszusöhnen. Doch aus dem erhofften Märchen wurde bekanntlich nichts, zu voreingenommen die eigene Familie, zu feindlich die Stimmung im ganzen Land.

Wer „The Crown“, ebenfalls ein Netflix-Produkt, gesehen hat, dem scheint die im Trailer angedeutet Missgunst innerhalb des Palastes, ausgetragen über den Boulevard, glaubwürdig.


Weder der eine, noch der andere Bösewicht lässt die Vorwürfe allerdings auf sich sitzen: Die „Daily Mail“ kommentierte, das Paar habe „den Krieg der Royals“ neu entzündet. Mit ihren Aussagen über den Staatenbund Commonwealth, der in der Sendung als britisches „Empire 2.0  kritisiert wurde, hätten sie das Vermächtnis von Harrys Großmutter Königin Elizabeth II. zutiefst beleidigt, zitierte der „Telegraph“ einen Insider.  Und Harrys Bruder, Prinz William, sei dem „Mirror“ zufolge, davon ausgegangen, dass das umstrittene BBC-Interview von Diana, das freilich auch Verwendung findet, eigentlich nicht mehr gezeigt werden sollte. Er fühle sich jetzt betrogen. Der konservative britische Abgeordnete Bob Seely forderte, Harry und Meghan die Titel, sie sind ja immer noch Prinz und Herzogin, abzuerkennen.

Hat Netflix nachgefragt?

Auf die ganz großen Vorwürfe, die im Trailer für die Netflix-Show angedeutet wurden, müssen Interessierte noch bis zur zweiten Hälfte der insgesamt sechs Folgen der Dokumentation kommende Woche warten. Auch daran, ob bei der „Dokumentation“ nach allen Regeln der journalistischen Sorgfalt gearbeitet wurde, wird gezweifelt. Schon der Trailer wurde kritisiert, weil Bildmaterial in fälschlich suggeriertem Kontext verwendet wurde. Eine Stellungnahme aus dem Palast haben man, wie die britische Agentur PA berichtete, nicht angefragt.


Man kann sich seine Geschichte – in welche Familie man geboren wird, in wen man sich verliebt – nicht aussuchen: Mit dieser Aussage mögen „H“ und „M“ recht haben. Was davon und wie man sie erzählt, allerdings schon. Und auch: Welche Geschichten man sich zu Gemüte führt und welche nicht.

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