Leitartikel

Österreichs bescheidene Europapolitik

Karl Nehammer
Karl Nehammer (c) APA/AFP/JOHN THYS (JOHN THYS)
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Mit der Schengen-Blockade zeigt die Regierung, wie eindimensional sie auf EU-Ebene agiert – ohne konstruktiven Ansatz, ohne Idee und Kommunikation.

Es ist fast genau 20 Jahre her. Beim EU-Gipfel in Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002 blockierte Österreich für mehrere Stunden die Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten, weil es das Auslaufen der Ökopunkte für den Transit nicht hinnehmen wollte. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte es verabsäumt, sich zuvor ausreichend Verbündete zu suchen, seine Argumente mit Besuchen in den EU-Hauptstädten zu verfestigen. Und noch am Gipfeltag verabsäumte die Regierung, das Problem des Transitverkehrs den zahlreichen anwesenden internationalen Medien zu kommunizieren. Es wäre vielleicht für einige der Journalisten, die von den prognostizierbaren Umweltbelastung in den Alpen keine Informationen hatten, verständlicher gewesen, warum sich Österreich querlegt. So blieb es bei einer sturen, bockigen Aktion, der Verbindung von zwei Themen, die nicht zusammenhingen. Und das Ergebnis: Österreichs Transitregelung lief ein Jahr später aus, die zehn Länder wurden dennoch 2004 Mitglied der Europäischen Union. Und die Regierung in Wien war wenige Jahre nach den unheilvollen Sanktionen erneut isoliert.

Was für ein Déjà-vu. Österreich hatte auch diesmal, im Dezember 2022, ein relevantes Anliegen als Land, das mehr als die anderen EU-Partner vom Zuzug unregistrierter Migranten betroffen ist. Doch wo waren vor dem Innenministerrat in Brüssel, der letztlich aus dem Ruder lief, das Bemühen um Aufmerksamkeit in den anderen EU-Hauptstädten und die Reisetätigkeiten des Bundeskanzlers? Karl Nehammer setzte sich mit dem ungarischen Regierungschef, Viktor Orbán, und dem serbischen Präsidenten, Aleksandar Vučić, zusammen. Just zwei, die für dieses Ungemach hauptverantwortlich sind.

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