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Von Figaro bis Haneke: Die Salzburger Festspiele 2023

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Ein geschlechtlich ungewöhnlicher Nathan der Weise, ein Rollendebüt für Asmig Grigorian und ein Generationenwechsel am Dirigentenpult: Die Salzburger Festspiele haben ihr Programm für 2023 vorgestellt.

Eine „Unheilsoper“, ein „kosmologisches Vakuum“ – so nannte Festspielintendant Markus Hinterhäuser Verdis „Macbeth“ bei der Vorstellung des Festspielprogramms 2023 am Freitag. Geradezu nihilistische Düsternis herrscht in diesem Stück, aber musikalisch könnte es umso glanzvoller werden.

Sängerstar Asmik Grigorian singt nämlich erstmals die Lady Macbeth. Elf Jahre ist es her, dass Peter Stein in Salzburg Verdis frühe Oper eindrucksvoll auf die Bühne brachte – diesmal wird Krzysztof Warlikowski Regie führen, von dem die viel beachtete „Elektra“-Inszenierung im Corona-Jahr 2020 stammte.

Verdi bleibt – nach der Wiederaufnahme von „Aida“ in Shirin Neshat Regie – auch im nächsten Festspielprogramm präsent, und sogar zweifach: Neben dem frühen Werk kommt auch die letzte Oper auf die Bühne. Für „Falstaff“ hat Hinterhäuser den Regisseur Christoph Marthaler ausgesucht, er wird sein Konzept, wie gewohnt, mit der oft ausgezeichneten deutsch-österreichischen Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock realisieren. Marthaler hatte schon als Jungregisseur die Ära Mortier mitgeprägt, in deren letztem Jahr Mozarts „Figaro“ inszeniert.

Einen „Figaro“ wird es auch 2023 in Salzburg wieder geben, diesmal in der Regie von Burgtheater-Direktor Martin Kušej, dessen Salzburger Inszenierungen von „Don Giovanni“- und „La clemenza di Tito“ Hinterhäuser beeindruckt haben. Der „Figaro“ sei ein „politisch sehr interessantes Stück“, nannte Hinterhäuser einen der Gründe für die Programmierung: „Was in unsern Zeiten nicht erlaubt ist, gesagt zu werden, wird gesungen“, schrieb seinerzeit eine Zeitung über diese Oper, deren sozialkritische Vorlage aus dem vorrelutionären Frankreich stammte. Kaiser Joseph II. erlaubte sie zwar voller Sympathie im Hofburgtheater, Für die Vorstädte aber war das Sujet verboten . . .

Alte-Musik-Spezialist am Pult

Auffallend ist hier aber vor allem aber die Wahl des Dirigenten: Mit dem 1984 geborenen Franzosen Raphaël Pichon trifft ein Spezialist für Alte Musik auf die Wiener Philharmoniker. Pichon begann als Countertenor und machte sich dann mit Bach- und Rameau-Aufnahmen zusammen mit seinem Alte-Musik-Ensemble Pygmalion einen Namen. Oft kombinierte er deutsche und französische Künstler, um Verbindungen herauszuarbeiten – vielleicht prädestiniert auch das ihn für den im Französischen wurzelnden „Figaro“. Mit Pichon betreiben die Festspiele aber auch den Generationswechsel am Dirigentenpult – und mit dessen 37-jährigen Landsmann Maxime Pascal: Er wird Bohuslav Martinus „Griechische Passion“ dirigieren (Regie: Simon Stone).

Zu Mozarts Aufklärungsoper gesellt sich 2023 theatralisch auf der Perner Insel Lessings wenige Jahre davor entstandenes Stück „Nathan der Weise“ – und zwar mit einer Frau in der Rolle des Nathan (Judith Engel). Die scheidende Schauspielchefin der Festspiele, Bettina Hering, hat für diese Produktion Ulrich Rasche eingeladen, der unter anderem 2018 Aischylos' „Perser“ in Salzburg inszeniert hat.

Der Film „Amour“ als Theaterstück

Wie wohl Michael Hanekes mehrfach preisgekrönter Film „Amour“ auf der Bühne aussehen wird? In der Regie von Karin Henkel und in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen kommt eine Theaterfassung als Uraufführung auf die Bühne. Die Idee liegt nahe bei diesem intimen, kammerspielartigen Beziehungsdrama zwischen einem Mann (im Film Jean-Louis Trintignant, in Salzburg der Luxemburger André Jung) und seiner Frau, die nach einem Schlaganfall das Leben nicht mehr erträgt.
Dass Menschen mit Behinderungen großartige Schauspieler werden können, hat schon die australische Theaterkompanie Back to Back Theatre, die 2022 den Ibsen-Preis erhielt, vorgeführt. In Salzburg werden nun 2023 die Gruppe Rimini Protokoll und das Zürcher Theater HORA Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ mit „Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen“ einbeziehen. Außerdem wird eine Dramatisierung des Romans „Die Wut, die bleibt“ der Halleinerin Mareike Fallwickl gespielt.

Ein großer Ungar schließlich beherrscht das Konzertprogramm der kommenden Festspiele: Der Komponist György Ligeti hätte 2023 seinen 100. Geburtstag gefeiert, ihm ist ein Schwerpunkt gewidmet. (APA/sim)

Von 20. Juli bis 31. August finden die Salzburger Festspiele 2023 statt: 179 Aufführungen an 15 Spielstätten, dazu kommen 34 Vorstellungen im Jugendprogramm.

Von 20. Juli bis 31. August finden die Salzburger Festspiele 2023 statt: 179 Aufführungen an 15 Spielstätten, dazu kommen 34 Vorstellungen im Jugendprogramm.

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