Nobelpreis

Quanten, Venus, Kettenverträge

Reise durch das Quantenwunderland: Zeilinger bei seiner Nobelvorlesung in Stockholm.
Reise durch das Quantenwunderland: Zeilinger bei seiner Nobelvorlesung in Stockholm. APA/EVA MANHART
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Anton Zeilinger bedankte sich in seiner „Nobel Lecture“ abermals bei den Steuerzahlern, Minister Polaschek erklärte seinen Stolz – und die jüngste Uni-Novelle.

Wien/Stockholm. „Es musste etwas Österreichisches und vollkommen Friedliches sein“, erklärte Anton Zeilinger bei seiner Nobel Lecture an der Universität Stockholm. Gemeint war das Bild, mit der die Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ seinen Artikel über Quantenkryptografie – mit der man Information abhörsicher übertragen kann – illustrieren sollte. Die Redaktion hatte das Bild eines Panzers vorgeschlagen. Das kam für Zeilinger nicht infrage. Sein Vorschlag setzte sich durch: die Venus von Willendorf. „Das war das erste Mal, dass eine nackte Frau in den ,Physical Review Letters‘ abgedruckt wurde“, so Zeilinger in seiner „Voyage through Quantum Wonderland“.

„Doesn't Work? Doesn't Matter“

Ähnlich erhellend waren die Vorlesungen von Zeilingers Nobelpreiskollegen, Alain Aspect und John Clauser. Wobei Zeilinger sogar eine physische Einlage brachte. Um zu illustrieren, dass sich manche Teilchen in der Quantenphysik zweimal um die eigene Achse drehen müssen, um wieder im Ausgangszustand zu sein, drehte er sich selbst um 360 Grad. Legendär wird wohl auch seine gemurmelte Reaktion, als sich ein angekündigtes Bild doch nicht zeigte: „Doesn't work? Doesn't matter.“ In seinen Dankesworten bedankte er sich – wie schon nach der Bekanntgabe – explizit bei den Steuerzahlern, „die uns das Geld dafür geben“.

Sozusagen als deren Vertreter – und als Repräsentant des offiziellen Österreichs – reist am Samstag Bildungsminister Martin Polaschek nach Stockholm, wo ab 14 Uhr die Verleihungen stattfinden. Schon davor deklarierte er seinen Stolz darauf, „dass ein Österreicher den Nobelpreis bekommt“. Auf die Frage, warum seit Konrad Lorenz 1973 kein Österreicher den Nobelpreis bekommen habe, erklärte er in der APA, es gebe keine Rezepte. Etliche Länder, die schon lang viel Geld in die Forschung investieren, müssten noch immer auf einen Nobelpreis warten. Sehr wohl aber müsse man „in die Exzellenz investieren“. Damit meint er vor allem die hoch dotierte Förderschiene „Excellent=Austria“, bei der Projekte bis zu 70 Millionen Euro bekommen können. Die Aussichten fürs Wissenschaftsbudget seien „sehr schön“, die Mittel aus seinem Ressort im Rahmen des FTI-Pakts würden ab 2024 um immerhin 34 Prozent steigen.

Derzeit protestieren vor allem junge Forscherinnen und Forscher für bessere Arbeitsbedingungen an den Universitäten. Etwa dagegen, dass befristete Anstellungen seit der Universitätsgesetz-Novelle 2021 nur auf acht Jahre insgesamt (durch Kettenverträge) verlängert werden dürfen. Da der Kündigungsschutz aber recht stark ist, scheuen die Unis unbefristete Verträge. So müssen auch erfolgreich Forschende oft nach acht Jahren die Uni verlassen. Polaschek verteidigte das nun mit Verweis auf Zeilinger: Als dieser einst seine Karriere gestartet habe, habe es viel Kritik an der „Versteinerung“ des universitären Mittelbaus (Assistenzprofessoren, Dozenten) gegeben. Darauf habe man mit weniger Festanstellungen reagiert, um jungen Menschen mehr Chancen zu geben, erklärte Polaschek: „Das Pendel ist dann in die andere Richtung geschwungen, und man hat vermehrt Kettenverträge gemacht.“ Jetzt plädiere er, Polaschek, dafür, „dass man dieses System einmal in Gang kommen lässt“.

Ehrendoktorat in Innsbruck

Die Uni Innsbruck, an der Zeilinger von 1990 bis 1999 Professor war – bevor er an die Uni Wien berufen wurde – und an der er großteils die Experimente gemacht hat, die ihm den Nobelpreis gebracht haben, hat indessen beschlossen, Zeilinger ein Ehrendoktorat zu verleihen. Zeilinger habe einen Grundstein für den Aufstieg der Innsbrucker Quantenphysik zur Weltspitze gelegt, erklärte Rektor Tilmann Märk.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2022)

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