Akademietheater

„Zwiegespräch“: Peter Handke findet den Tod

Die drei Alten (Branko Samarovski, Martin Martin Schwab, Hans Dieter Knebel) und ihre blutjungen Pfleger und Pflegerinnen.
Die drei Alten (Branko Samarovski, Martin Martin Schwab, Hans Dieter Knebel) und ihre blutjungen Pfleger und Pflegerinnen.(c) Susanne Hassler-Smith
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Regisseurin Rieke Süßkow hat sich Handkes zartes „Zwiegespräch“ geschnappt und erzählt eine brutale Geschichte von Abschied und Verfall. Und ja, das geht.

Martin Schwab bellt. Ein Wuff, ein einsames, schleudert er dem Publikum entgegen. Dann gackert er. Dann hüpft er. Dem alten Mann reicht es, er will nicht mehr, will nicht mehr bei dieser grausamen „Reise nach Jerusalem“ mitspielen, an deren Ende der Tod steht. All seine Gefährten hat ihm dieses Kinderspiel genommen, zu „Una Paloma Blanca“ sind sie um die Sessel getanzt. Wer dann keinen Platz fand, landete in der Urne. Er hat überlebt, bis jetzt. Ganz allein ist er in dieser Anstalt, diesem grotesken Altersheim. So allein, wie ein Mensch nur allein sein kann, um aus Handkes Text zu zitieren. Ausgeliefert den Jungen, die ihm nicht nur den Sessel wegziehen, nicht nur darauf lauern, dass er endlich fertig ist mit Zähneputzen und Gurgeln, sondern ihm auch dauernd ins Wort fallen, seinen Text für ihn fertig sprechen.

Meine Güte! Rieke Süßkow, die junge Regisseurin, fast 50 Jahre jünger als der Autor selbst, hat bei dieser Uraufführung aber wirklich alles auf den Kopf gestellt. Sie hat Handkes zartes, mäanderndes „Zwiegespräch“ über den Abschied und das Theater, das Sein und den Schein und den Großvater einfach gepackt und erzählt mit seiner Hilfe ihre eigene Geschichte. Und die ist nicht zart, die ist brutal, sie zeigt den Verfall und endet mit dem Tod, den Handke trotz allem ausspart, der in „Zwiegespräch“ so fern ist, dass er eben nur den Großvater ereilt. „Alter, du hast da was vergessen“, scheint sie ihm zuzurufen. Und irgendwie stimmt es.

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