Der Bundeskanzler lehnt eine Schengen-Erweiterung ab. Geht es ihm wirklich nur um die Sache?
Ein wenig fühlte man sich an die EU-Politik der ÖVP unter Sebastian Kurz erinnert. Der frühere Bundeskanzler hatte sich in Brüssel immer wieder gegen den Mainstream gestellt – nicht selten in der innenpolitischen Hoffnung, rechts der Mitte Applaus dafür zu bekommen.
Mag sein, dass Karl Nehammer, der Kurz' ehemaligen Medienstrategen Gerald Fleischmann unlängst zum Kommunikationschef der ÖVP gemacht hat, hier anknüpfen möchte. Denn mit den heftigen Reaktionen, die Österreichs Veto gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien nach sich gezogen hat, war ja durchaus zu rechnen gewesen: Es gab diplomatische Verwerfungen (Rumänien etwa zog seinen Botschafter ab), Warnungen von heimischen Unternehmen und innenpolitische Differenzen. Die Grünen beeilten sich klarzustellen, dass es sich nicht um ein Veto der Regierung handle, sondern um eines der ÖVP. Und auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen drückte sein Unverständnis aus.
Doch der Bundeskanzler blieb von alldem unbeeindruckt. Am Samstag bekräftigte Karl Nehammer sein Nein zum Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien. Das sei „eine Frage der Sicherheit für Österreich“, argumentierte er in einer Aussendung. „Es wird keine Erweiterung geben, solang die Außengrenze nicht effektiv geschützt wird. Die verfehlte EU-Asylpolitik hat diese Situation verursacht.“ Mit Drohungen und polemischen Argumenten werde versucht, Österreich unter Druck zu setzen. Aber: „Solang 75.000 Fremde unregistriert im Osten Österreichs ankommen, ist das ein Sicherheitsproblem, und das muss endlich gelöst werden.“