Proteste

Mindestens 24 iranischen Demonstranten droht laut Medienberichten Hinrichtung

Eine iranische Tageszeitung veröffentlichte eine Liste mit 25 Protestteilnehmenden, denen die Hinrichtung droht. Die Zeitung appellierte, die Todesurteile zu revidieren. Das iranische Parlament plant indes ein Gesetz gegen "Fake News“.

Mindestens 24 Demonstranten droht im Iran die Hinrichtung wegen ihrer Beteiligung an den systemkritischen Protesten. Die iranische Tageszeitung "Etemad" veröffentlichte am Samstag eine von der Justizbehörde zusammengestellten Liste, auf der 25 Demonstranten "Kriegsführung gegen Gott" vorgeworfen wird. Nach der islamischen Rechtsauffassung steht darauf das Todesurteil. Der auch auf der Liste aufgeführte Rap-Musiker Mohsen S. war bereits am Donnerstag hingerichtet worden.

Er soll ein Mitglied der paramilitärischen Basij-Miliz mit einer Waffe angegriffen, Schrecken verbreitet und eine Straße blockiert haben. Die Justizbehörde verkündete weitere Hinrichtungen. Die Zeitung "Etemad" appellierte in dem Bericht an die Justiz, die Todesurteile zu revidieren und weitere Hinrichtungen zu verhindern.

Die Hinrichtung von Mohsen S. wurde im In- und Ausland scharf verurteilt. Die iranische Politführung, unter anderem auch Präsident Ebrahim Raisi, sprach jedoch von einer legitimen Antwort auf die Ausschreitungen im Land. Die Demonstranten selbst drohten dem System mit Vergeltung. In den sozialen Medien kursierte die Botschaft "Wartet auf unsere Rache". Am Wochenende planen Iraner im Ausland mehrere Protestversammlungen.

"Tod dem Diktator"

Neben den internationalen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Atomstreit wurden gegen Teheran nun auch weitere wegen Menschenrechtsverletzungen verhängt. Der Iran steckt seit mehr als vier Jahren in einer akuten Wirtschaftskrise. Der einzige verbliebene Hoffnungsschimmer war eine Einigung im Atomstreit mit dem Westen. Laut Beobachtern ist eine solche Einigung jedoch nach der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste - und insbesondere der ersten Hinrichtung eines Demonstranten – alles andere als realistisch.

Die iranische Führung macht die "Feinde" des Irans - unter anderem auch Deutschland - sowie deren "Söldner" im Inland für die Proteste verantwortlich. Laut Teheran stehe die Mehrheit der Iraner weiterhin hinter dem islamischen System und werde die "Feinde" auch letztendlich besiegen und die Proteste beenden. Auf den Straßen jedoch sieht es ganz anders aus. "Tod dem Diktator" und "Islamische Republik wollen wir nicht (mehr)" waren die täglichen Standard-Slogans in den letzten zweieinhalb Monaten.

„Unglaublicher Mut"

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) solidarisierte sich am internationalen Tag der Menschenrechte mit den Protestierenden im Iran. Sie äußerte am Samstag Respekt für die iranischen Frauen und Männer, "die mit unglaublichem Mut ihr Leben riskieren, um für die Menschenrechte in ihrem Land einzutreten". In Berlin gingen einige hundert Menschen zur Unterstützung der Protestbewegung auf die Straße.

Faeser gab auf Twitter den Slogan der Protestbewegung, "Frau, Leben, Freiheit", wieder. In einem Video hob sie hervor, dass sich Deutschland seit Beginn der Proteste für ein Ende der Gewalt einsetze. Außerdem habe die Europäische Union "sehr gezielte Sanktionen" beschlossen, um den Druck auf die Islamische Republik zu erhöhen und "die Täter zur Rechenschaft" zu ziehen.

Die SPD-Ministerin wandte sich in ihrem Video auch an die hunderttausenden Menschen in Deutschland mit iranischen Wurzeln. "Wir schützen Sie", versprach die Ministerin ihnen. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten "die Lage genau im Blick". Außerdem bleibe der Abschiebestopp für den Iran bestehen. Faeser rief alle dazu auf, für die Belange der Iranerinnen und Iraner einzutreten.

Gesetz gegen "Falschinformationen"

Angesichts der anhaltenden systemkritischen Proteste im Iran gibt es im dortigen Parlament Pläne für ein strenges Gesetz gegen "Falschinformationen". Der Vorsitzende des Justizausschusses, Qasem Delkhosh, sagte am Samstag nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur h, sagte am Samstag nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Tasnim: "Es kann nicht sein, dass jeder Informationen verbreitet, ohne sie auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft zu haben."

Deshalb sollten "Fake News" sowie "überdramatisierte" Berichte in sozialen Medien als Straftat eingestuft werden. Die Urheber müssten dann mit einer Anklage rechnen, sagte der Abgeordnete.

Bei den fast drei Monate dauernden Protesten gegen die Führung der Islamischen Republik sind Internet und soziale Medien für die Protestbewegung wichtigste Kanäle, um Bilder und Videos zu verbreiten. Die Medien im Iran sind staatlich geführt. Sie dürfen nur berichten, was von den Behörden abgesegnet wird. Seit Beginn der Proteste Mitte September hat die Regierung das Internet massiv eingeschränkt und fast alle Kurznachrichtendienste gesperrt, um kritische Berichte zu verhindern. Die Demonstranten jedoch finden immer wieder Wege, dies zu umgehen.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Teheran

Erste Hinrichtung im Zusammenhang mit Protesten im Iran

Das iranische Regime hat einen Mann, der im Zusammenhang mit den Protesten steht, hingerichtet. Das berichten staatliche Nachrichtenagenturen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.