Randerscheinung

Weihnachtsfondue mit Vegetariern

Carolina Frank
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Seit der Mittlere Vegetarier wurde, ist Fondue zu Weihnachten gar nicht mehr so unkompliziert und auch nicht mehr so lustig.

Immerhin habe ich heuer die Brennpaste schon besorgt. Die Brennpaste brauchen wir für das Fondue am Heiligen Abend. Das Fondue zu Weihnachten ist Tradition, weil es lustig (Besteckchaos im viel zu kleinen Topf) und unkompliziert in der Vorbereitung (Fleisch, ein paar Saucen, Salat, Brot, Malakofftorte, aus) ist. Nur ist es genau genommen gar nicht mehr so unkompliziert und auch nicht mehr so lustig, seit der Mittlere Vegetarier wurde. Erstens braucht es Essens­ersatz für ihn (einfach etwas Vegetarisches in den Fonduetopf zu stecken kommt nicht in Frage, weil da ja auch Fleisch drinnen steckt), und zweitens fühlt es sich komisch an, wenn etwas auf dem Tisch steht, vor dem einem in der Familie so richtig graust. Der Hund sieht das natürlich komplett anders.

Die Brennpaste jedenfalls braucht es, um den Topf, in dem das „tote Tier“ garen soll, zu befeuern. Und traditionell bin ich am 24. Dezember kurz vor dem Ende der Öffnungszeiten noch in Baumärkten unterwegs, auf der Suche nach Restposten dieser Brennpaste. Heuer habe ich sie am 16. November aus einer Aktionsschütte beim Supermarkt am Kreisverkehr gekauft (Großpackung für die nächsten drei Weihnachten, ich mache es also wie die großen Energieversorger, ich hedge und sichere mich gegen steigende Preise auf der Brennpastenbörse ab).

Dafür habe ich bisher sonst noch so gut wie nichts erledigt, was einen Rückfall in längst überwunden geglaubte Lebensphasen darstellt. In der Regel bin ich nämlich – bis auf die Brennpaste – gut organisiert und kann – bis auf den Besuch im Baumarkt – den 24. Dezember ohne Besorgungsdruck genießen. Warum das in diesem Jahr anders ist, weiß ich nicht genau. Immerhin habe ich am Vor­mittag des Heiligen Abends noch einen Slot, um das zu ändern. 

("Die Presse Schaufenster" vom 09.12.22)

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