Mit Kairo und Dakar wählten die Luxushäuser Dior und Chanel zuletzt eher ungewöhnliche Orte für ihre letzten Modeschauen. Kritik wegen kultureller Aneignung wurde kaum laut, dank einer sensiblen Herangehensweise.
Zahlreiche Fehltritte hat sich die Modebranche bezüglich kultureller Aneignung in den letzten Jahren geleistet, in puncto Vielfalt und Inklusion gilt sie vielen eher als Nachzüglerin. Dementsprechend begab sich Chanel mit der ersten Schau südlich der Sahara, in der senegalesischen Hauptstadt Dakar, auf potenziell heikles Terrain. Die Tatsache, dass es im Anschluss selbst in sozialen Medien nur wenig Kritik gab, zeugt von Bemühungen des Hauses, Konzept und Präsentation sensibel zu gestalten.
So war die Veranstaltung rund um die Métiers d'Art Kollektionspräsentation am Ende deutlich mehr als nur eine Modenschau. Gleich nach der Modewoche in Dakar wurde ein dreitägiges Kulturprogramm abgehalten, in dessen Rahmen die lokale Kreativ- und Kunstszene gewürdigt wurde, etwa in Bereichen der Kunst, Musik und Tanz sowie Literatur. Das Luxusmaison versuchte sich so an (abstrakten) Verbindungen zur lokalen Szene, etwa mit dem senegalesischen Rapper Nix, dem Sänger Obree Daman und der örtlichen Tanzschule Ecole des Sables nebst langfristiger Initiativen zur Förderung von Handwerkskunst und nachhaltiger Landwirtschaft.

Die Inspiration für die Kollektion holte sich Virginie Viard aus dem Disco-Jahrzehnt der Siebzigerjahre, daraus ergaben sich Schlag- und Strickhosen, Denimlooks, Häkelkleider und Tuniken. Die Verbindung zwischen Ort und Kollektion ging wohl am ehesten aus der Vielfalt der Farben hervor und der Überlagerung der Stücke - eine dünne Strickhose unter einem Wickelrock, eine lange Tunika über einer Jeans. 19 der 62 gebuchten Models waren übrigens afrikanischer Herkunft, das Haar- und Make-up-Team bestand zur Hälfte aus Einheimischen, der Rest wurde eingeflogen, wie aus begleitenden Berichten hervorging.
Währenddessen etwas nördlicher
Auch Dior zeigte im selben Zeitraum Mode in Afrika, etwa 5200 km Luftlinie entfernt in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Vor den Pyramiden von Gizeh konnten geladene Gäste die Looks der Herbst-Männerkollektion bestaunen, dazu Techno-Musik, ein Lichterspiel. Das vom Kreativdirektor Kim Jones inszenierte Spektakel lief ebenfalls Gefahr, harsche Kritik zu ernten. Doch kulturelle Zitate wurden in der Kollektion vermieden, vielmehr nährten sich die avntgardistischen Designs aus Science-Fiction-Anspielungen - in Grau- und Beigetönen samt leuchtend gelber und oranger Highlights. Es gab 75 Looks zum 75-jährigen Bestehen der Marke.

(evdin)