Korruption

„Katar hat Reformen vollbracht und verdient Erfolg“ - Obduktion eines Skandals

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Das Emirat hofft auf visafreies Reisen in die EU – und hat in den Brüsseler Institutionen viele Fürsprecher. Eine interne Untersuchung im EU-Parlament ist geplant.

Diesen Tweet hätte Margaritis Schinas, Vizepräsident der Europäischen Kommission und in selbiger für die „Förderung des europäischen Lebensstils“ zuständig sowie für Migration, Gleichheit und Diversität, im Nachhinein betrachtet vermutlich lieber nicht veröffentlicht: „Unvorhersehbares und angenehmes Treffen heute in Abu Dhabi mit zwei Landsleuten, die mit ihrer Arbeit auf kritischen nationalen und europäischen Baustellen die Heimat ehren“, twitterte Schinas am 18. November um 15.57 Uhr. Die „zwei Landsleute“, das waren Griechenlands stellvertretender Minister für Investitionen, Yannis Tsakiris – und Eva Kaili. Letztere ist seit dem Wochenende auch außerhalb der Brüsseler Blase europaweit bekannt. Die belgische Polizei hatte sie verhaftet im Zuge einer Ermittlung gegen einen Klüngel von sozialdemokratischen Europaabgeordneten und mehrere ihrer Assistenten. Der strafrechtliche Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung, um sich durch die Golfautokratie Katar mit siebenstelligen Eurobeträgen bestechen zu lassen. Ein Vorwurf übrigens, der einen wachsenden Kreis von EU-Abgeordneten und deren Assistenten betreffen könnten: am Montagabend durchsuchte die belgische Polizei in Brüssel weitere Büros und Wohnungen.

Katars Druckmittel Flüssiggas

Zahlreiche Beobachter fragen sich nun, wenn diese Vorwürfe stimmen, was angesichts der Unschuldsvermutung zwar im Konjunktiv formuliert werden muss und von Katars Botschaft energisch abgestritten wurde, im Lichte der Taschen und Koffer voller Bargeld, die man in Kailis Brüsseler Wohnung sowie bei ihrem Vater gefunden hatte, aber als ziemlich stichhaltig gelten darf: Was genau hat sich Katar von dieser Schmiererei erhofft? Zwar hat Kaili ebenso wie ihr belgischer Fraktionskollege Marc Tarabella, bei dem ebenfalls die Polizei vorstellig wurde, in Wortmeldungen im Plenum dafür appelliert, kein „Katar-Bashing“ zu betreiben. Und sie haben in den vorbereitenden Sitzungen der zuständigen Ausschüsse nachweislich katarkritische Passagen in diesen Texten niederstimmen lassen. Rechtliche Auswirkungen hat das aber nicht.

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