Magdeburg

Halle-Attentäter nimmt Geisel in Hochsicherheitsgefängnis

In seinem Gefängnis in Burg nahe Magdeburg in Deutschland konnte der Attentäer von Halle kurzzeitig zwei Bedienstete als Geiseln nehmen.
In seinem Gefängnis in Burg nahe Magdeburg in Deutschland konnte der Attentäer von Halle kurzzeitig zwei Bedienstete als Geiseln nehmen. APA/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert
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Zwei Justizbedienstete wurden von dem 30-jährigen Strafgefangenen festgehalten. Er konnte überwältigt werden.

Im Gefängnis in Burg nahe Magdeburg in Deutschland kam es am Montagabend zu einer Geiselnahme. Ein 30 Jahre alter Strafgefangener hat zeitweise zwei Bedienstete in seine Gewalt gebracht, teilte das Justizministerium Dienstagfrüh mit. Der Täter wurde demnach durch weitere Justizvollzugsbedienstete im Innenbereich des Gefängnisses überwältigt. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei ihm um den rechtsextremen Attentäter von Halle.

Er zwang seine Geiseln, ihm den Weg aufzuschließen Richtung Freigelände inmitten der Gefängnismauern. Sein Ziel war laut Landesjustizministerium, in die Freiheit zu gelangen. Acht Justizvollzugsbedienstete konnten den Straftäter nach weniger als einer Stunde überwältigen. Der Halle-Attentäter wurde dabei verletzt, allerdings nicht schwerwiegend, wie es aus dem Landesjustizministerium hieß. Die beiden als Geiseln genommenen Männer wurden äußerlich nicht verletzt, werden aber betreut.

Nun bleibt zu klären, wie dem 30-Jährigen die Geiselnahme gelingen konnte. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte eine Aufarbeitung des Vorfalls ein. "Jetzt gilt es, das Geschehen zu analysieren und daraus mögliche Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen", sagte Haseloff am Dienstag. Der Vorfall zeige, welche Gefahr vom Halle-Attentäter weiterhin ausgehe. "Ich danke den Justizvollzugsbeamten und Polizeibeamten für ihr schnelles und professionelles Handeln."

Wie konnte das passieren?

Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) sagte, der Gefangene werde in dem Hochsicherheitsgefängnis in Burg engmaschig betreut und kontrolliert. Er lebt in einer übersichtlichen Einzelzelle. Gegenstände des täglichen Bedarfs darf er besitzen. Unklar ist, mit welcher Art Gegenstand der Gefangene die Bediensteten bedroht hat. Die Ermittlungen des Landeskriminalamts laufen.

Der Halle-Attentäter nutzte laut Behördenangaben gegen 21 Uhr die Phase des Einschlusses vor der Nacht, um den ersten Bediensteten in seine Gewalt zu bringen. Er zwang ihn dazu, mit ihm dem Weg auf den Freistundenhof zu gehen. Dort habe der Gefangene stark gestikulierend einen anderen Bediensteten aufgefordert, ihm den weiteren Weg im Inneren der Anstalt zu bahnen. Wie viele Türen die Bediensteten genau für den 30-Jährigen öffneten, war am Dienstag noch unklar. Laut der Justizministerin folgten mehrere Bedienstete dem Geiselnehmer und dem Kollegen. Ruhig und besonnen habe das Personal gehandelt, betonte die Ministerin.

Überprüfung von Sicherheitsmaßnahmen

Die Geiselnahme ist der vorläufige Höhepunkt des in weiten Teilen unkooperativen Verhaltens des Halle-Attentäters. Insider berichten von vielen "Sperenzchen", die er sich leiste. Er bindet viel Energie des Personals und sorgt damit durchaus auch dafür, dass sich gewohnte Abläufe für andere Gefangene nicht immer einhalten lassen. Das Ministerium berichtete etwa von einem Fall, in dem der 30-Jährige seine Haftraumtür mit Papier verkeilte. Als Disziplinarmaßnahme wurde ihm jeglicher Kontakt zu anderen untersagt, er wurde in einem kahlen Raum untergebracht.

Justizministerin Weidinger sagte nach der Geiselnahme: "Ich bin betroffen, zu sehen, dass der Gefangene seine Grundhaltung offenbar kein Stück ändert und ohne Rücksicht auf Leib und Leben anderer agiert." Der Halle-Attentäter Stephan Balliet war am 21. Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er sitzt seine Strafe im Gefängnis in Burg ab. Es ist das größte und modernste Hochsicherheitsgefängnis Sachsen-Anhalts.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser forderte die Betreiber von Gefängnissen zur Überprüfung ihrer Sicherheitsmaßnahmen auf. Die Geiselnahme besorge sie, sagte die SPD-Politikerin dem Fernsehsender Welt. "Das ruft diejenigen auf, die Gefängnisse verantworten in Deutschland, auch da noch mal sehr genau hinzugucken. Insbesondere bei so jemandem wie dem Attentäter von Halle, wo wir wissen, dass er schon mal versucht hat während des Prozesses zu fliehen, dass es dort auch besondere Aufmerksamkeit gibt."

Am Pfingstwochenende 2020 hatte der Mann bereits versucht, aus der JVA Halle zu fliehen. Während eines Hofgangs war er über einen 3,40 Meter hohen Zaun geklettert und hatte fünf Minuten ohne Aufsicht nach Auswegen aus dem Gefängnis gesucht, bevor ihn Justizbedienstete wieder schnappten.

Attentat auf Synagoge am höchsten jüdischen Feiertag

Der rechtsextreme Attentäter hatte am 9. Oktober 2019 versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür. Als es ihm nicht gelang, auf das Gelände zu kommen, ermordete er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf der Flucht verletzte er weitere Menschen.

Vor zwei Jahren wurde er wegen der rassistischen und antisemitischen Tat zur Höchststrafe verurteilt. Kaum war das Urteil gesprochen, warf er einen Gegenstand in Richtung der Nebenkläger. Nun zeigte der 30 Jahre alte Halle-Attentäter zeigte auch im Gefängnis in Burg nahe Magdeburg seine Gefährlichkeit.

(APA/DPA)

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