EuGH

Wird Österreich wegen seiner Schengen-Blockade verklagt?

Der rumänische EU-Abgeordnete Eugen Tomac hat die Europäischen Kommission aufgefordert, Österreich vor dem EU-Höchstgericht zu verklagen.
Der rumänische EU-Abgeordnete Eugen Tomac hat die Europäischen Kommission aufgefordert, Österreich vor dem EU-Höchstgericht zu verklagen.(c) imago images/Future Image
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Ein rumänischer EU-Abgeordneter will beim EuGH Klage einreichen: Er sieht die Kommission als Hüterin der Verträge in der Pflicht.

Die österreichische Schengen-Blockade könnte ein Nachspiel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben. Der rumänische EU-Abgeordnete Eugen Tomac hat nämlich die Europäische Kommission aufgefordert, Österreich wegen des Vetos vor dem EU-Höchstgericht zu verklagen. Wie der Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP) argumentiert, bleiben Rumänien durch die Blockade europäische Grundrechte verwehrt, konkret die Freizügigkeit seiner Bürger und die Warenfreizügigkeit.

Als Hüterin der EU-Verträge sei die Europäische Kommission in der Pflicht, gegen Österreich vorzugehen, sagte der konservative Abgeordnete. Sein sozialdemokratischer Kollege Tudor Ciuhodaru unternahm indes im Europaparlament einen alternativen Vorstoß. Bei der Plenarsitzung in Straßburg verlangte er den Beschluss eines "sehr klaren Zeitplans" für den Schengen-Beitritt Rumäniens sowie ein "Sanktionsverfahren" gegen jene Staaten, die diesbezüglich die EU-Verträge nicht respektieren. "Es ist unglaublich, falsch und unfair dass einige gleicher sind als andere und das muss aufhören. Ich will, dass wir wie die Franzosen, Engländer, Niederländer und Österreicher behandelt werden", so Ciuhodaru nach Angaben der Agentur Agerpres.

Österreich legte Veto ein

Alle EU-Mitglieder mit Ausnahme Irlands sind nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Mitglieder des Schengenraumes zu werden. Rumänien wartet wie Bulgarien seit seinem EU-Beitritt im Jahr 2007 auf die Zulassung zum Schengenraum. Nach jahrelangen Blockaden und Vorbereitungen hatte die EU-Kommission den beiden Ländern jüngst Schengenreife attestiert. Für den Beitritt ist aber ein einstimmiger Beschluss der bestehenden Schengen-Mitglieder erforderlich. Dieser scheiterte bei einer Sitzung der EU-Innenminister am vergangenen Donnerstag am Veto Österreichs.

Rumänien hatte zuvor auch Vorbehalte seitens Schwedens und der Niederlande ausräumen können. Für großen Ärger in Bukarest sorgt, dass Österreich erst kurz vor der Entscheidung eine radikale Kehrtwende vollzogen habe, nachdem es zuvor Zustimmung zur Schengen-Erweiterung signalisiert habe. Als besonderer Tiefschlag wurde empfunden, dass Wien die Schengen-Erweiterung nicht komplett blockierte, sondern letztlich der Aufnahme Kroatiens zustimmte.

Schallenberg führt Gespräche

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bemühte sich indes, die Wogen nach dem Schengen-Fiasko zu glätten. Wie das rumänische Außenministerium am Dienstag mitteilte, initiierte Schallenberg am Rande des EU-Außenministertreffens am Montag in Brüssel ein Gespräch mit seinem Bukarester Amtskollegen Bogdan Aurescu. Thema sei Österreichs Veto gegen den Schengenraum gewesen, hieß es vom rumänischen Außenministerium. Aurescu habe dabei klargestellt, dass sein Land Österreichs Sorgen wegen der zunehmenden illegalen Migration zwar nachvollziehen könne. Der Schengen-Beitritt solle aber "nicht künstlich mit Problemen verquickt" werden, die keineswegs zu Lasten Rumänien gingen, wie sämtliche Frontex- und Europol-Daten belegen.

Sein Land erwarte daher seitens Wien konstruktive Lösungsansätze, Zusammenarbeit sowie letztlich ein Umdenken in der Angelegenheit der Schengen-Erweiterung um Rumänien, betonte Aurescu. Behauptungen der österreichischen Seite über einen angeblichen Druck der rumänischen Behörden auf in Rumänien aktive österreichische Unternehmen habe Aurescu dezidiert zurückgewiesen und missbilligt, hieß es weiter in der Aussendung des Außenamtes in Bukarest.

Neuerlicher Affront Österreichs geortet

Für Aufregung in Bukarest sorgte, dass die österreichische Botschafterin Adelheid Folie am Dienstag einem Empfang der Botschafter aller EU-Staaten bei Präsident Klaus Johannis fernblieb. Medien werteten dies als neuerlichen Affront Österreichs gegenüber Rumänien. Eine Sprecherin des Wiener Außenamts erklärte, dass Folie "momentan abwesend" sei. Grund sei ein "lang geplanter medizinischer Eingriff", dem sie sich unterziehen müsse. Folie werde nach Weihnachten wieder auf ihren Posten als österreichische Missionschefin in Bukarest zurückkehren und bis dahin von ihrem Stellvertreter Georg Oberreiter vertreten.

(APA)

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