Francesco Giorgi soll zugegeben haben, Schwarzgelder angenommen zu haben. Marokko soll über seinen externen Informationsdienst Dged in die mutmaßliche Bestechungsaffäre verwickelt sein.
Im Skandal um eine mutmaßliche Einflussnahme aus dem Golfemirat Katar auf politische Entscheidungen im Europaparlament hat der Lebensgefährte der abgesetzten Europaparlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili ein Geständnis abgelegt. Der Italiener Francesco Giorgi hat vor den Ermittlern zugegeben, Schwarzgelder angenommen zu haben, berichtet die römische Tageszeitung "La Repubblica" (Donnerstagsausgabe).
Giorgi habe zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Marokko und Katar benutzt wurde, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen und diese zu beeinflussen. Seine Aufgabe war es, Bargeld zu verwalten. Der Zeitung zufolge hat Giorgi auch angedeutet, dass er Andrea Cozzolino und Marc Tarabella, beide Abgeordnete der S&D-Fraktion im EU-Parlament, verdächtigt, über den ehemaligen italienischen EU-Abgeordneten Antonio Panzeri Geld angenommen zu haben. Marokko soll über seinen externen Informationsdienst Dged in die mutmaßliche Bestechungsaffäre verwickelt sein. Aus den von der beiden Zeitung eingesehenen Dokumenten geht hervor, dass Panzeri, Cozzolino und Giorgi in Kontakt mit dem Dged und Abderrahim Atmoun, dem marokkanischen Botschafter in Polen, standen.
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Geldwäsche, Korruption, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung - das alles wird der mittlerweile ehemaligen Vizepräsidentin des Europaparlaments, der 44-jährigen Griechin Eva Kaili vorgeworfen. Was ist dran an den Vorwürfen? Wie genau war die Bestechung organisiert? Welche Kreise könnte der Skandal noch ziehen? Und welche Folgen könnte er für das Vertrauen in die EU haben? „Presse“-Korrespondent Oliver Grimm im Gespräch mit Christine Mayrhofer.
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Netzwerk rund um Panzeri im Zentrum der Ermittlungen
Im Zentrum der Ermittlungen der belgischen Justiz steht das Netzwerk Panzeris. Dieser war lange Jahre Mitglied des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), derzeit die stärkste Oppositionspartei in Italien. 2017 wechselte er zur Partei des ehemaligen italienischen Kommunistenchefs und Expremiers Massimo D'Alema, Articolo 1, blieb jedoch im Europäischen Parlament in der Fraktion der Sozialdemokraten.
Die Staatsanwaltschaft Brüssel ist sich sicher, dass bei Panzeri die Fäden zusammenliefen, wenn es darum ging, politische und wirtschaftliche Entscheidungen des EU-Parlaments zugunsten von Staaten wie Katar oder Marokko zu beeinflussen. Im Zentrum steht die von Panzeri nach seinem Ausscheiden 2019 aus dem EU-Parlament gegründete Nichtregierungsorganisation "Fight Impunity". Er soll das Geld aus Katar verteilt haben, um Entscheidungen des Parlaments im Sinne des Emirats zu beeinflussen. Panzeri sitzt in U-Haft, auch seine Frau und seine Tochter wurden festgenommen. Luca Visentini, Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, der die Arbeitsmarktreformen in Katar als "Erfolgsgeschichte" gerühmt hatte und ebenfalls in die Affäre verwickelt ist, kam am Sonntag unter Auflagen wieder frei. Noch am 25. Oktober hatte Visentini in einem Interview Katar als reformorientiertes Land gelobt.
Meloni: „Szenario besorgniserregend"
Unterdessen forderte die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Klarheit im Korruptionsskandal. "Das Szenario ist besorgniserregend, die Nachrichten, die auftauchen, berichten von etwas, das wir uns nie hätten vorstellen können. Wenn man mit so etwas konfrontiert wird, muss man reagieren. Man muss der Sache auf den Grund gehen, denn davon hängt die Glaubwürdigkeit der EU und unserer Nationen ab", sagte Meloni am Donnerstag im Vorfeld ihrer ersten Teilnahme an einem EU-Gipfel an Brüssel. "Wir werden verlangen, dass die Vorgänge vollständig aufgeklärt werden", erklärte die seit Oktober als italienische Premierministerin amtierende Meloni.
In Brüssel erhofft sich Meloni Fortschritte im Umgang mit der Energiekrise. "Ich hoffe, dass wir mit dem Energiedossier vorankommen. Das Thema ist wichtig, der Rat hat die Karten in der Hand, um voranzukommen, und wir werden nach gemeinsamen Lösungen suchen, die wirksam sind", erklärte Meloni. In Brüssel will die Rechtspolitikerin auch das Thema Migration ansprechen. "Dabei handelt es sich um ein strukturelles Problem, das europäische Lösungen erfordert", meinte die Premierministerin.
(APA/dpa)