Das Uhrenjahr 2022 zeigte sich vielseitig. Die Luxusuhrenbranche startete mit postpandemischem Elan und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Wirtschaftskrise. Die einst wichtige Rolle der Baselworld-Messe übernahmen nun andere Player.
„Unsere Erwartungen wurden übertroffen", mit diesem Fazit beendete die weltweitgrößte Luxusuhrenmesse Watches & Wonders ihre Show in Genf. Offiziell, heißt es im Abschlussbericht, seien 350 Millionen Menschen mit Berichten von der Messe erreicht worden; rund 800 000 Posts mit dem Hashtag #watchesandwonders wurden veröffentlicht. Das war Anfang April, und nach dreijähriger Corona-Zwangspause spürte man bei den 38 Ausstellern sowie über 22 000 internationalen Fachhändlern und Uhrenliebhabern ein deutliches Aufatmen. Doch ein flaues Bauchgefühl blieb – nicht nur wegen des Kriegsbeginns in der Ukraine, sondern weil auch Händler aus dem größten Absatzmarkt China der Messe fernblieben. Letztendlich waren die Marken verblüfft und sprachen von „erstaunlich starken Ergebnissen", da viele schon vor Messeende ihre Uhrenneuheiten komplett ausverkauft hatten.
Für eine andere Überraschung sorgte eine nie geahnte Verbrüderung von Konkurrenten. Bis 2020 hieß die Uhrenmesse in Genf SIHH (Salon de la Haute Horlogerie) und wurde überwiegend von Manufakturen des Luxusgüterkonzerns Richemont, wie Cartier, Montblanc, IWC und Jaeger-LeCoultre, ausgerichtet. Umbenannt in Watches & Wonders kamen plötzlich Uhrenmarken des Mitbewerbers und weltgrößten Luxusgüterkonzerns LVMH hinzu, darunter Hublot, Tag Heuer und Zenith. Ebenso entschieden sich unabhängige Hersteller, wie Chopard, Hermès, Chanel, Oris und Grand Seiko für die Messe. Den finalen Ritterschlag erlebte die Watches & Wonders durch die Teilnahme der Branchengiganten Rolex und Patek Philippe. Mit dieser neuen Verbrüderung wurde zugleich ein einmaliges Exempel statuiert: Jahrzehntelang präsentierten all diese Marken auf der Baselworld ihre Neuheiten. Jedoch wurde die ehemals größte Uhren- und Schmuckmesse der Welt seit 2019 wegen schlechtem Service und überzogener Preise von immer mehr Ausstellern und Besuchern boykottiert. Seit 2022 ist die Baselworld bankrott.